© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/22 / 11. November 2022

Erleuchtung der Woche
Nicht dunkeldeutsch
Paul Leonhard

Sachsens Landeshauptstadt versinkt wie die meisten deutschen Städte auf Berliner Geheiß allabendlich im Dunklen. Auf der Brühlschen Terrasse, an der Frauenkirche, am Albertinum und Zwinger werden die Lampen abgeschaltet, die sonst dafür sorgen, daß die Gebäude bei Dunkelheit in einem sanften Licht erscheinen. Das wollen nun die traditionsbewußten Dresdner nicht länger hinnehmen. Die Strahler sollen zumindest bis 23 Uhr leuchten. So hat es der Wirtschaftsausschuß des Stadtrates mehrheitlich beschlossen. „Die Abschaltung von rein ästhetischer, repräsentativer und dekorativer Beleuchtung ist nicht gut für die Stadt Dresden und erscheint unverhältnismäßig“, ist FDP-Fraktionschef Holger Zastrow überzeugt. Zumal die spitzfindigen Liberalen entdeckt haben, daß die bundesweit den Kommunen aufgedrückte Energiesparverordnung gar nicht sanktioniert wird. Jedenfalls sollen nun in Dresden vom 1. Advent und vorerst bis Mariä Lichtmeß am 2. Februar die Lichter anbleiben, auch wenn die Dresdner Grünen maulen, daß das ein „verheerendes Signal“ an Menschen sei, die „sich seit Wochen solidarisch verhalten und Energie sparen“. FDP-Mann Zastrow hält dagegen: Für Dresden sei die stimmungsvolle Weihnachtszeit samt Striezelmarkt so wichtig wie für München das Oktoberfest. Der Haken an dem Vorstoß: Nur wenige öffentliche Gebäude gehören der Stadt. Die Frauenkirchenstiftung hat angekündigt, den „Licht an“-Beschluß zu ignorieren. Auch die Staatsregierung sieht keinen Grund, warum sich Einheimische wie Touristen in der Adventszeit an weihnachtlicher Beleuchtung erfreuen sollten, solange in der Ukraine Krieg herrscht. So werden Schloß, Oper und Zwinger samt Kronentor wohl unbeleuchtet bleiben. Es könnte sein, daß allein der Rathausturm mit seinem Goldenen Mann über dem dunklen Dresden leuchtet. Aber auch das wäre ein Zeichen.