© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/22 / 11. November 2022

Auswirkungen der Gas- und Strompreisbremse der Ampel-Regierung
Das bürokratische Monster
Holger Douglas

Frühling, Sommer, Herbst und Winter – das waren die vier Todfeinde des Sozialismus und sie werden es wieder. Deutschland macht sich abhängig vom Wetter – und findet das gut. Doch das Abenteuer wird teuer. Kanzler und Ministerpräsidenten wollen Energiepreise „bremsen“. Denn das Angebot wurde politisch gewollt so verknappt, daß die Preise nur eine Richtung kennen: nach oben – das nicht erst seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Gleich drei „Entlastungsbremsen“ kämen jetzt, verspricht Olaf Scholz. So will der Bund im Dezember die Abschlagszahlung für Gas und Fernwärme übernehmen, denn vor allem Mieter würden durch die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2022 besonders intensiv belastet.

Vermieter sollen die Entlastung mit der nächsten jährlichen Betriebskostenabrechnung an ihre Mieter weitergeben und etwaige bereits geleistete Überzahlungen entsprechend berücksichtigen. Wärmeversorger müssen ihre Kunden für deren Dezember-Zahlungen finanziell entschädigen – entweder durch einen Verzicht auf eine im Dezember fällige Voraus- oder Abschlagszahlung oder durch eine direkte Zahlung an Kunden. Neben dieser „Soforthilfe“ sollen „Preisbremsen“ die Gas- und Stromverbraucher sowie kleine Firmen entlasten. Der Gaspreis für Privatkunden soll auf zwölf Cent pro Kilowattstunde begrenzt werden, der für Fernwärme auf 9,5 Cent. Das soll spätestens im März eingeführt werden, doch der Februar 2023 werde angestrebt, heißt es schwammig im Beschlußpapier.

Diese „einmalige Entlastung“ berechnen die Bürokraten einfach nach folgendem Schema: „Ein Zwölftel der der Abschlagszahlung im September 2022 zugrundeliegenden Jahresverbrauchsprognose mal Gesamtbruttoarbeitspreis aus Dezember 2022 plus ein Zwölftel des Jahresbruttogrundpreises.“ Diese „Entlastung“ durch die Gaspreisbremse soll nicht zurückgezahlt werden müssen, auch wenn die tatsächliche Verbrauchsmenge deutlich unter den 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs liegt. Ab Januar soll dann auch die „Strompreisbremse“ wirken. Der Preis für die Kilowattstunde soll auf 40 Cent begrenzt werden. Dies gilt allerdings nur bis zu einer bestimmten Menge Strom, nämlich bis zu 80 Prozent der Jahresverbrauchsprognose, die der Abschlagszahlung für September 2022 zugrunde gelegt wurde – alles verstanden?

Abzusehen ist, daß die Landbevölkerung, die mangels Gasleitungen mit Öl, Pellets oder Holz heizt, nach dem derzeitigen Stand keine finanzielle Unterstützung bekommt, obwohl sich auch auf dem Land, wo die Ampel-Partner keine Wählermehrheit haben, die Preise drastisch erhöht haben. Ein bürokratisches Monster ist entstanden, dessen Kosten unklar sind. Versorger beklagen sich, daß sie es bis Januar nicht schaffen, Millionen von unterschiedlichen Tarifen anzupassen. Nachgezogen haben die Nahverkehrsunternehmen, die mit ihrer Computertechnik nicht in der Lage sind, ein 49-Euro-Ticket deutschlandweit einzuführen. Wenn sie die Fahrpreise erhöhen, haben sie keine Probleme, schnell zu arbeiten.

Doch all diese Maßnahmen schaffen nur eines nicht: ein erhöhtes Angebot von Gas und Strom. Erst mehr Energie würde die Preise automatisch sinken lassen  – doch Wind und Sonne reichen dafür nicht aus. Finanziert werden sollen die sogenannten Entlastungen aus zusätzlichen Krediten von bis zu 200 Milliarden Euro, die im wahrsten Wortsinne durch den Kamin geblasen werden. Im Klartext: auf Kosten derjenigen, die diese später abzahlen müssen.