© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/22 / 11. November 2022

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Erstaunlich, wie unbunt die amtliche Werbung fürs Energiesparen wirkt. Abgesehen von einem farbigen Gesicht nur weiße Menschen, und ansehnliche oder würdige dazu. Wahrscheinlich fürchtet man offiziellerseits die Wirkmacht von „identity economics“: jene tiefverwurzelte Neigung unserer Gattung, Solidarität zuerst denen gegenüber zu wahren, die so sind wie wir selbst.

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Das Kernproblem im Hinblick auf die Besserwisserei der Deutschen ist, daß sie es oft besser wissen.

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Nach einem Bericht des Figaro leisten die Medizinstudenten der University of Minnesota nicht mehr den Eid des Hippokrates, sondern einen heiligen Schwur, sich aller Behauptung weißer Suprematie entgegenzustellen.

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„Und für die Einheimischen ist die niederländische Vorstellung von ‘Toleranz’ ironischerweise völlig unerträglich geworden. Die Schaufenster der Prostitution, … die lärmenden Bars, die Coffee-shops, in denen Cannabis verkauft und geraucht wird, wirken wie eine Invasion: kein liberales Paradies, sondern ein menschlicher Zoo aus einer anderen Zeit. Eine weiche Drogenpolitik, die in den sechziger Jahren ihrer Zeit voraus war, hat die Niederlande in ein Niemandsland zwischen kontrollierter Legalisierung und eklatanter Kriminalität gestürzt.“ (die niederländische Journalistin Senay Boztas über unseren Nachbarn als „Narco-Staat 2.0)

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Berechnende Menschen lassen sich in zwei Kategorien einteilen: diejenigen, die voraussetzen, daß alle so sind wie sie, und diejenigen, die voraussetzen, daß niemand so ist wie sie.

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Der Evolutionspsychologe David Buss hat ein neues Buch über geschlechtsspezifische Formen der Gewalttätigkeit veröffentlicht. Seine Arbeit berührt damit, wie er in einem Interview erklärt, grundsätzliche Aspekte des Zusammenhangs von menschlicher Biologie und Sozialverhalten. Der Widerstand, der Buss entgegenschlägt, ist dementsprechend heftig. Denn alle – von den Sexualpädagogen über die Lehrer bis zu den Journalisten und den sogenannten Gesellschaftswissenschaftlern –, die sich berufsmäßig mit der Frage befassen, ob es überhaupt so etwas wie natürliche Geschlechter gibt, verneinen sie und setzen den Menschen als „weißes Blatt“ und sein Verhalten als Ergebnis von „Konstruktion“ voraus. Buss’ höflicher Hinweis, daß die Biologie für das angesprochene Thema die überzeugenderen Antworten liefern kann und die Regeln der Evolution auch sonst zum Alltagswissen gehören, wird kaum verfangen. Das sage ich mit der ruhigen Gewißheit desjenigen, der fast vier Jahrzehnte an Höheren Schulen eines westlichen Landes unterrichtet hat und in regelmäßigen Abständen mit der Tatsache konfrontiert wurde, daß der Nachwuchs wohl mit den Regeln der Genetik in Berührung gekommen sein mochte und den Menschen als Spitzenleistung der Evolution kennengelernt hatte, aber tunlichst nie darauf hingewiesen wurde, daß Selektion und Mutation bleibende Auswirkungen auf Homo sapiens haben, im Hinblick auf das Einzel- wie das Gruppenwesen, und daß diese Auswirkungen als gravierend zu betrachten sind.

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Die Wiederkehr mancher Geschmacksverirrung hält man für ausgeschlossen. Bis man ein gewisses Alter erreicht. Dann muß man auch künstliche Wimpern noch einmal ertragen.

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Die schwarze Journalistin Candace Owens hat sich für ihre Dokumentation „The Greatest Lie Ever Sold“ die Steuererklärung von „Black Lives Matter“ (BLM) angesehen und ist zu ganz erstaunlichen Erkenntnissen gekommen. Nach ihren Informationen gelang es der Organisation, zwischen Juli 2020 und Juni 2021 fast 80 Millionen US-Dollar zu sammeln. Die wurden allerdings nach Meinung von Owens nicht eingesetzt, um „in die Zukunft des schwarzen Lebens zu investieren“, wie es eigentlich der Zielsetzung von BLM entspricht. Denn weder habe man Floyds Mietrückstände gezahlt, noch Geld in das mehrheitlich von Schwarzen bewohnte Viertel von Minneapolis gesteckt, in dem er wohnte. Stattdessen soll die Stiftung zwei Villen im Wert von jeweils 6 Millionen US-Dollar erworben und fast 2,2 Millionen US-Dollar an ein Dutzend Organisationen gespendet haben, die sich für LGBT, Transsexuelle, Nicht-Binäre und sogenannte „Sexarbeiterinnen“ einsetzen. Die Mitbegründerin von BLM, Patrisse Cullors, zahlte demnach ihrem Bruder Paul Cullors 840.000 US-Dollar zwecks Übernahme ihres Sicherheitsdienstes. Eine erhebliche Summe für einen „Street-Artist“. 2,3 Millionen US-Dollar habe man der Wohltätigkeitsorganisation „Living through Giving“ überwiesen, die zwar wenig mit dem Kernanliegen von BLM zu tun hat, aber von Ajay Relan, einem alten Freund von Patrisse Cullors, geleitet werde. Schließlich sei noch erwähnt, daß die Organisation 32 Millionen US-Dollar an der Wall Street plazieren konnte. Sarkastisch kommentiert Candace Owens dieses Gebaren mit der Bemerkung, daß es sich um ganz erstaunliche Folgen eines unglücklichen Todesfalls handele, bei dem ein Mann starb, „der eine Überdosis genommen hat“.


Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 25. November in der JF-Ausgabe 48/22.