© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/22 / 11. November 2022

Steinerne Zeugen der Vertreibung
Kirchliches Kleinod in Ostpreußen: Deutsche und Polen pflegen das Kulturerbe in Langgut gemeinsam
Tobias Albert

Als der Vormarsch der Roten Armee die Deutschen östlich von Oder und Neiße zur Flucht zwang, konnten diese nur einen Bruchteil ihres Besitzes retten. Übrig blieben steinerne Zeugen einer verlorenen Welt, die vielerorts ebenso dem Sozialismus zum Opfer fielen. Dennoch gibt es teilweise noch heute Tausende deutsche Kulturdenkmäler, die in Schlesien, Pommern und Ostpreußen an die Zeit vor dem Krieg erinnern.

Einer dieser Erinnerungsorte ist die 1738 erbaute evangelische Kirche im ostpreußischen Dorf Langgut (polnisch Łęguty) an der Passarge im früheren Landkreis Osterode in Ostpreußen. Während in anderen deutschen Kirchengebäuden in Polen meist ein Bildersturm alle Erinnerungen an die Vergangenheit hinwegfegte, gelang es hier über Jahrzehnte, diese Ornamente vor den sozialistischen Inspektoren zu verstecken. Selbst Gedenktafeln für die deutschen Gefallenen der Befreiungskriege und des Ersten Weltkriegs wurden von den polnischen Pfarrern aus Respekt vor den Verstorbenen gehütet und vor den antideutschen Säuberungen der Volksrepublik verborgen, so daß sie noch heute in Langgut bestaunt werden können.

2019 wurden über zwanzig Opfer des Zweiten Weltkriegs bei Langgut exhumiert, die dank Nachforschungen des polnischen Instituts für Nationales Gedenken (IPN) identifiziert werden konnten: neben drei polnischen Zwangsarbeitern wurden überwiegend deutsche Einwohner Langguts dort ermordet, deren provisorisches Grab Jahrzehnte später durch Kanalbauarbeiten zerstört wurde. Erst der jetzige Pfarrer Langguts, Wojciech Płoszek, konnte ihnen über siebzig Jahre nach dem Krieg eine kirchliche Bestattung zuteil werden lassen. Dazu besuchte auch die Jugendorganisation der Landsmannschaft Ostpreußen, der Bund Junges Ostpreußen (BJO), Langgut und half dabei, einen zweisprachigen Gedenkstein für die ermordeten deutschen Zivilisten zu errichten. Neben der lokalen deutschen Minderheit und Vertriebenenverbänden begleiteten auch Vertreter der polnischen Bevölkerung wie der regionale Bischof und das örtliche Feuerwehrorchester diese Zeremonie.

Im September besuchte der BJO erneut die Kirche in Langgut, um bei Instandsetzungsmaßnahmen an Zäunen und Kirchhof zu helfen. „Durch gemeinsame Arbeit auf dem vormals deutschen Friedhof in Langgut konnten wir ein Stück deutsch-polnische Freundschaft aufbauen, denn Freundschaft und Versöhnung sind von großer Bedeutung“, bilanzierte Pastor Płoszek. Durch das derzeitige antideutsche Klima unter der PiS-Regierung, die nicht zuletzt auf EU-Ebene häufiger mit deutschen Politikern im Konflikt lag, ist es schwierig, genug Gelder zu sammeln, um die nötigen Renovierungsarbeiten an Dach und Eingangsportal zu stemmen. Lokales Engagement und die Arbeit der Vertriebenenverbände müssen daher dem Verfall des deutschen kulturellen Erbes entgegenwirken.

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Stichwort: „Spende Kirche Langgut“

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