© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/22 / 11. November 2022

JF-Intern
Große Kunst
Martina Meckelein

Ja, die Sorge ums liebe Geld, sie läßt uns manches graue Haar wachsen. Doch wer Freude an schönen Dingen empfinden kann, der vergißt alsbald allen Harm. Von solch einer Situation soll hier berichtet werden.

Schnellen Schrittes eilte Chef vom Dienst Matthias Bäkermann auf die Redaktion zu. An der linken Hand baumelte träge ob ihres Gewichts eine große Einkaufstüte. „Kinder, ich sag euch, alles wird teurer“, sprach er die drei Raucher vor der Redaktion an. „Was hast du denn eingekauft?“, fragt die Schreiberin dieser Zeilen. „Gänse für 100 Euro“, sagt Bäke. „Einige Brüste und Keulen, tiefgefroren.“

Doch in dem Moment, als das Wort Gans fiel, wurden alle Preisfragen nebensächlich, denn bei diesem Federvieh kann es nur um eines gehen: „Wie bereitest du sie zu?“ Und schon geriet der Hobbykoch, dessen Soljanka Kultstatus hat, ins Schwärmen. „Als Confit“, sagte er und schaute in drei fragende Gesichter. „Also, die Gänse lasse ich auftauen, dann lege ich sie in viel Salz und Beifuß ein. Über Nacht ziehen die Gewürze ein und das Wasser aus. Dann brate ich sie mit viel Gänseschmalz an, aber nur kurz (dabei hob er seinen Zeigefinger), um sie dann bei niedriger Temperatur vier Stunden im Ofen zu belassen.“

Während Bäke so erzählte, glaubten die drei Zuhörer den Bratenduft, der an ihren geistigen Nasen vorbeizog, zu schnuppern. Und für einen kurzen Moment standen vier Menschlein in Berlin auf einer Straße und hatten all ihre Sorgen vergessen – der schönsten aller Künste sei Dank: der Kochkunst.