© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/22 / 11. November 2022

Kabinenklatsch
WM-Winterpause
Ronald Berthold

Jetzt hatten wir uns gerade daran gewöhnt, die Neuverpflichtungen ein bißchen besser kennengelernt, die Stärken und Schwächen der Trainer ausbaldowert zu haben, da ist schon wieder alles vorbei. Die Bundesliga geht in die Winterpause – nach nur drei Monaten mitten im Herbst. Am Wochenende wird der letzte Spieltag steigen. Dann ist für zehn Wochen Schluß.

Und das alles, weil ein korrupter Haufen namens Fifa die WM in eine kleine, fußballferne, aber steinreiche Öl-Diktatur verfrachten mußte. Bei der Vergabe vor zwölf Jahren war keine Rede davon, daß das Turnier im Winter stattfindet. Das wurde erst später bestimmt. Dabei war allen klar, wie unerträglich es in Katar im Juli mit durchschnittlich 41 Grad ist. Wer soll da Fußball spielen? Also haben die Mafiosi nachträglich die Ausschreibungsregeln geändert und die WM erstmals ans Jahresende gelegt. Hauptsache, die Kohle fließt. Die Mitbewerber USA, Australien, Japan und Südkorea waren da schon aus dem Rennen.

Nun haben wir den Salat, und König Fußball geht am moralischen Bettelstab. In allen Bundesliga-Stadien hatten vergangenes Wochenende die Fans riesige „Boycott Katar“-Transparente aufgehängt. Mehr als später, erfolgloser Protest kann das nicht sein. Dennoch drückt er aus, wie die WM vom absoluten Fan-Höhepunkt alle vier Jahre zum Haßobjekt verkommen ist. Ob sich die Veranstaltung davon jemals wieder erholt? Die Faszination ist verflogen. 

2026 gibt’s zwar mit Kanada, USA und Mexiko wieder „normale“ Ausrichter – aber die Wunde Katar wird lange nicht verheilen. Schon jetzt verkaufen sich Fan-Artikel nur schleppend. Die Geldscheffelei könnte mittelfristig kontraproduktiv sein. Hoffentlich.