© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/22 / 18. November 2022

Ron DeSantis. Sticht der Sieger der US-Zwischenwahlen aus Florida Donald Trump als Führer der Republikaner aus?
Der Rivale
Jörg Sobolewski

Ein Erdrutschsieg der Republikaner bei den US-Zwischenwahlen sollte ihm den Weg bereiten: Als Anführer im Lager der Republikaner wollte Donald Trump seinen Anspruch auf eine weitere Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2024 verkünden. Doch die „rote Welle“ blieb aus, und nun steht statt Trump plötzlich ein anderer als Sieger – und vielleicht neuer Anführer der Republikaner – da: Ronald Dion „Ron“ DeSantis, Gouverneur von Florida. Noch 2018 war er beinahe an seinem demokratischen Konkurrenten gescheitert, nun aber ließ er diesen mit zwanzig Prozent Vorsprung hinter sich, womit ihm bei den Wahlen 2022 der große Sieg im Lager der Republikaner gelungen ist. Während der Umstand, daß Florida über Jahrzehnte mal zur einen, mal zur anderen Seite des politischen Spektrums tendierte, seinen Erfolg noch beeindruckender macht.

Der Mittvierziger italienischer Abstammung aus Jacksonville hat eine beeindruckende Karriere hinter sich. Nach einer soliden Schulbildung an einer katholischen High School besuchte der begeisterte Basketballsportler eine der renommiertesten Universitäten des Landes. In Yale studierte er Geschichte und nach einigen Monaten als Lehrer außerdem in Harvard Jura. Ein Erfolg, zu dem ohne Zweifel auch das System der militärischen Studienförderung beitrug, denn DeSantis verpflichtete sich während seiner Studienzeit zum mehrjährigen Dienst in den Streitkräften und arbeitete im rechtswissenschaftlichen Dienst der Marine, bis er 2010 seinen Abschied nahm. Bis heute aber ist er Teil der Militär-Reserve, worauf er besonders stolz ist. 

In einem Land, das Kämpfer schätzt, stehen DeSantis viele Türen offen – vielleicht sogar die ins Weiße Haus.

Wenige Jahre später, 2012, gelang De­Santis der Einzug ins US-Repräsentantenhaus und 2018 der Sprung ins Amt des Gouverneurs von Florida – als einer der jüngsten Amtsinhaber der US-Geschichte. Doch auch wenn für ihn die Zeichen auf Sieg stehen, hat er auch mit Nachteilen zu kämpfen. Denn während seinem Rivalen Trump oft ein instinktives Verständnis des amerikanischen Durchschnittswählers aus der Arbeiterklasse bescheinigt wird, empfinden viele DeSantis als „kalt“ oder „berechnend“. Die langen Jahre an Eliteuniversitäten hätten ihn zu einem „seelenlosen Apparatschik“ gemacht, wie intime Kenner der republikanischen Partei im vertraulichen Gespräch in Washington gegenüber der JF erzählen. 

Aber auch seine Kritiker müssen DeSantis zugestehen, daß er vieles richtig macht. So hat er in Florida eine Reihe Gesetze durchgesetzt, die sich gegen die woke Ideologie richten, darunter eines gegen die Frühsexualisierung von Kindern, ein anderes gegen die „Critical Race Theory“ an Schulen. Denn junge Amerikaner, so DeSantis, sollten nicht zum „Selbsthaß“ erzogen werden. Für Aufmerksamkeit sorgte auch seine Aktion, kurz vor der Wahl unangekündigt Dutzende Einwanderer nach Martha’s Vineyard, einer von prominenten Demokraten gern besuchten Urlaubsinsel, fliegen zu lassen, um diese mit den Folgen ihrer Einwanderungspolitik zu konfrontieren. 

Daß der Mann mit dem „Eisblick“, den ihm ein ehemaliger Berater Trumps bescheinigt, den Kulturkampf nicht scheut, macht ihm viele Trump-Anhänger zu Freunden. In einem Land, das immer schon ein Herz für Kämpfernaturen hatte, stehen DeSantis damit viele Türen offen. Vielleicht sogar die ins Weiße Haus.