© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/22 / 18. November 2022

Mehr Mittel ins Mittelmeer
Evangelisch II: Das kirchliche Bündnis „United4Rescue“ bekommt künftig Millionen an Steuergeld, um geschleuste Migranten aufzunehmen
Henning Hoffgaard

Es ist eine Premiere, die für Aufsehen sorgt, für Jubel bei den einen und Empörung bei anderen: Erstmals erhält ein privater Verein aus dem Bundeshaushalt Steuergeld für die Bergung von Migranten im Mittelmeer. Die vor drei Jahren von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gegründete Organisation „United4Rescue“ soll künftig jährlich zwei Millionen Euro bekommen, so hat es der Haushaltsausschuß des Bundestags beschlossen. 

Die Finanzspritze kommt aus dem Etat des Auswärtigen Amts und war im ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung nicht vorgesehen. Erst in der nächtlichen Bereinigungssitzung des Ausschusses am vergangenen Freitag haben die Abgeordneten die Millionenförderung beschlossen. In den nichtöffentlichen Bemerkungen zum Haushaltsplan, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegen, heißt es nun: „Für den Verein United4Rescue sind zwei Millionen Euro vorgesehen sowie Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von sechs Millionen Euro für die Jahre 2024 bis 2026.“ Die selbsternannten Seenotretter zeigten sich hocherfreut über die Entscheidung. „Die Förderung bedeutet für uns wichtigen Rückenwind in schwierigen Zeiten“, teilte der Verein mit. „Auch die Bundesregierung will die zivile Seenotrettung unterstützen und mithelfen, das unerträgliche Sterben im Mittelmeer zu beenden.“ Mit dem Geld sollen unter anderem die durch die Inflation gestiegenen Preise für Treibstoff und Lebensmittel aufgefangen werden.

„Für eine staatlich  koordinierte Senootrettung“

Erst Anfang des Monats hatte das „zivilgesellschaftliche Bündnis“, dem nach eigenen Angaben mehrere evangelische Landeskirchen und mehr als 850 weitere Organisationen angehören, sein mittlerweile drittes Schiff, die „SeaWatch 5“ in Hamburg getauft. Das zwölf Jahre alte Fahrzeug hat laut der Nordkirche 4,5 Millionen Euro gekostet und soll „in den kommenden Monaten im dänischen Hirtshals und Flensburg zum Flüchtlingsschiff umgebaut“ werden. Unter anderem werde eine Krankenstation „und ein Rückzugsraum für rund 40 Frauen mit Kindern geschaffen“.

Ab kommendem Frühjahr soll die „SeaWatch 5“ im Mittelmeer Migranten aufnehmen, die in der Regel von kriminellen Schleppern in Nordafrika auf überfüllte und seeuntüchtige Boote verfrachtet und so bewußt in Lebensgefahr gebracht werden.  

Lob für die Entscheidung des Haushaltsausschusses kam auch von den Grünen. „Ich bin sehr glücklich, daß es gelungen ist, daß die lebensrettende Arbeit jetzt auch mit einem Beitrag aus dem Bundeshaushalt unterstützt werden wird“, schrieb die Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, auf Twitter. Ihre Parteikollegin und Bundestagsabgeordnete Jamila Schäfer schrieb: „Wir stärken die zivile Seenotrettung im Haushalt!“ In Zeiten, in denen „Rettung kriminalisiert“ werde, sei die Unterstützung des Vereins wichtig. „Wir nehmen das Sterben im Mittelmeer nicht hin, sondern stärken internationales Recht und humanitäre Hilfe.“ Die Grünen hatten bereits in ihrem Programm für die Bundestagswahl bekräftigt: „Wir streiten weiter für eine zivile und flächendeckende, europäisch koordinierte und finanzierte Seenotrettung.“

Im Koalitionsvertrag hatten sich die Ampel-Parteien auf den Passus geeinigt, die zivile Seenotrettung dürfe „nicht behindert werden“. Man strebe „eine staatlich koordinierte und europäisch getragene Seenotrettung im Mittelmeer an“ und wolle „sicherstellen, daß Menschen nach der Rettung an sichere Orte gebracht werden“.

Dankbar für die finanzielle Unterstützung von United4Rescue äußerte sich die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. „Die zivile Seenotrettung ist ein öffentlich sichtbarer und starker Protest gegen jeden Versuch, Flüchtlinge politisch zu instrumentalisieren und rechtlos zu machen. Jedes Leben zählt und muß gerettet werden.“

Kritik dagegen kam von der AfD. „Steuergeld für Flüchtlingsschleuser: Das ist ein fatales Signal, das die Ampel hier aussendet“, sagte der Vize-Chef der AfD im Bundestag, Leif-Erik Holm, der jungen freiheit. Während Länder wie Frankreich, England und Italien der illegalen Einwanderung verstärkt den Kampf angesagt hätten, „stellt die Bundesregierung Gelder für den Shuttleservice auf dem Mittelmeer bereit“.