© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/22 / 18. November 2022

Zeitschriftenkritik: Deutsche Sprachwelt
Stimme für alle Sprachliebhaber
Werner Olles

Bundespräsident Steinmeiers zwiespältiges Verhältnis zur deutschen Sprache beschreibt Thomas Paulwitz, Schriftleiter der vierteljährlich erscheinenden Zeitung Deutsche Sprachwelt, in der aktuellen Ausgabe (Herbst 2022). Einerseits warne Steinmeier, den die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) wenig schmeichelhaft als „Bundespräsident der Phrasen“ bezeichnete und ihm einen ausgeprägten Hang zu Floskeln attestierte, vor Sprachverrohung wie beispielsweise bei Markus Söders Aussage zum „Asyltourismus“, andererseits lobe er Sprachverroher wie die linksextreme Band „Feine Sahne Fischfilet“ und vermeide in Israel deutsch zu sprechen, um den Zuhörern nicht die „Sprache der Täter“ zuzumuten. Der Historiker Michael Wolffsohn tadelte dennoch seine Rede bei einer Holocaust-Veranstaltung 2020 in Jerusalem, es seien „die immergleichen Worte, also deren Inflationierung. Damit werden sie wertlos. Kein Wunder, daß kaum noch jemand zuhört.“ Während ein ntv-Moderator Steinmeier einen „einschläfernden Volkspädagogen“ nannte, kam Deutschlands NZZ-Chefredakteur Marc Felix Serrao bereits 2019 zu dem Schluß, daß „kein Bundespräsident vor ihm die Sprache so schlecht behandelt wie er, sobald er öffentlich spricht, wirkt es, als würde er seiner Muttersprache den Krieg erklären“.

Aktuell stellt Polen wieder einmal hohe Reparationsforderungen an Deutschland, streicht jedoch zugleich finanzielle Mittel für den Unterricht in Deutsch als Minderheitensprache. Diese Maßnahmen betreffen die drei Woiwodschaften Oppeln, Schlesien und Ermland-Masuren, doch haben einige Gemeinden beschlossen, die Unterrichtsstunden aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Leider finde sich in vielen Kommunen dafür kein Geld. Um so größer sei die Enttäuschung über die Reduzierung der Deutschstunden bei Eltern und Schülern.

Wie der TV-Clown Jan Böhmermann mit Zwangsgebühren gegen die Fraktur kämpft, beschreibt Josef Kraus in seinem Beitrag „Angriff aufs Apotheken-A“. Böhmermann hat sich auf das rote Apotheker-Logo mit Äskulapnatter und Kelch eingeschossen, da das Fraktur-„A“ aus dem Jahr 1936 stamme und eine „alte Nazi-Schrift“ sei. Tatsächlich war die Frakturschrift in der NS-Zeit ab 1941 sogar verboten. Böhmermanns Attacke sieht Kraus als „laues Lüftchen eines selbsternannten Satirikers, den als ZDF-Hofnarren zu bezeichnen, eine Beleidigung für jeden echten mittelalterlichen Hofnarren wäre“.

Neben dem Leitartikel von Thomas Paulwitz „Jetzt kommen die Neopronomen“ (siehe Seite 13) dokumentiert ein weiterer Beitrag auszugsweise den Aufruf von Sprachwissenschaftlern „gegen das Gendern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“.

Kontakt: Deutsche Sprachwelt, Postfach 1449, 91004 Erlangen. Ein Jahresabo kostet 17 Euro.  www.deutsche-sprachwelt.de