© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/22 / 25. November 2022

Abkühlung der Woche
Frust im Frost
Vincent Steinkohl

Mutter Natur ist eine launische Diva, doch zumindest ist sie gerecht. Kälte beispielsweise trifft alle, auch Spitzenpolitiker. Diese Erfahrung mußte Grünen-Urgestein Renate Künast kürzlich auf schmerzliche Art und Weise machen. Ihr Arbeitsplatz, der Bundestag, ist ein öffentliches Gebäude und wird deshalb aufgrund der aktuellen Energiekrise auf maximal 19 Grad beheizt. Auf Twitter schilderte sie ihr Leid. „Sitze mit Mantel und 3. Tasse heißes Wasser – auch zum Hände wärmen – im Büro. Ich zweifle, daß das 19 Grad sind. Nächste Woche komme ich mit Decke, Wärmflasche und Hut“, schrieb sie. Binnen Stunden kommentierten Tausende Internetnutzer; doch anders, als Frau Künast sich das vorgestellt haben dürfte. „Mir kommen die Tränen – immerhin haben Sie die Mittel, Ihre Wohnung zu beheizen, viele Alte, Kranke und Haushalte mit Kleinkindern haben die Mittel nicht, nicht zuletzt wegen ‘grüner’ Politik“, kommentierte ein Nutzer spöttisch. „Ich lache dezent und kann mir das Mitleid gerade so verkneifen … Wir an den Schulen machen das nun den dritten Winter. Und wen interessiert’s? Die Politik schon mal nicht“, antwortete eine Frau, die anscheinend als Schulleiterin arbeitet. Inzwischen zählt der Beitrag der Grünen-Politikerin fast 5.000 Kommentare, die überwältigende Mehrheit davon hämisch. Möglicherweise sollte sich die erfahrene Ex-Ministerin Künast einfach mal ein Vorbild an ihrem Parteifreund Robert Habeck nehmen. Der hatte im September erklärt, das Land werde bei „ein bißchen Glück mit dem Wetter“ gut durch den Winter kommen. Also einfach ein Stoßgebet an den Wettergott schicken oder auf mehr globale Erwärmung hoffen, dann – um eine frühere Kanzlerin zu zitieren – „schaffen wir das“. Und weil die Natur nun mal gerecht ist, beträfe das auch frierende Grünen-Parlamentarier in Berlin.