© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/22 / 25. November 2022

Gendergaga in Cambridge
Sprachpolitik: Die berühmte Uni lehrt nun Clown-Deutsch
Julian Schneider

Nur noch verschwindend wenige junge Briten lernen Deutsch. Fremdsprachen sind an den Schulen der Insel seit längerem auf dem Rückzug. Nur wenige tausend Schüler nehmen Deutschunterricht. Auch an den Universitäten fristen Germanisten ein marginales Dasein.

Um es aber noch schlimmer zu machen, zieht jetzt Gendergaga als neudeutsche Spezialität in die Lehrpläne ein. Die kleine Germanisten-Truppe der Universität Cambridge will künftig besonderes Augenmerk auf „inklusives und nicht-binäres“ Deutsch legen, verkündeten sie jüngst. Die Dozenten wollen künftig die Verrenkungen der Gendersprache mitmachen – mit Sternchen, Unterstrichen und Partizipialkonstruktionen. Um Studenten, die ohnehin mit der schwierigen deutschen Grammatik kämpfen, vollends zu verwirren, soll nun die Gender-Dimension betont werden.

Als Beispiel für die Problematik des generischen Maskulinums zitiert die Fakultät ausgerechnet den Satz Angela Merkels „Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt.“ Der die Definition des Staatsvolkes im Grundgesetz vergewaltigende Satz der Ex-Kanzlerin soll nun auch noch sprachlich vergewaltigt werden. „Ihre Absicht war, maximal inklusiv zu sein“, heißt es auf der Cambridge-Website, „aber eine zunehmende Zahl würde bestreiten, daß sie ihre Absicht erreicht habe.“

Kritik vom Verein Deutsche Sprache

Allen Ernstes empfiehlt Cambridge verunsicherten Studenten das Lehrbuch „Wie schreibe ich divers? Wie spreche ich gendergerecht?“ von Lann Hornscheidt und Ja’n Sammla. Hornscheidt war einige Jahre lang „Professx“ für Linguistik an der Berliner Humboldt-Universität. Ihre Texte konnten kaum zwischen Sprachwissenschaft und Satire unterscheiden. In ihrem „Praxishandbuch“ rät sie ernsthaft, statt Mutter bzw. Vater solle man „genderfrei“ einens/dens Eltens oder gar ein*/die* Mapa, ein*/di_e Pama oder ex Eltex schreiben. Großmutter/Großvater werden zu Großalt oder dier* Ompa, Opma. Tante/Onkel heißen Onte bzw. Tonkel.

Wollen die Cambridge-Dozenten das wirklich? Sollten künftige Cambridge-Absolventen tatsächlich dieses Clown-Deutsch in Deutschland ausprobieren, erzielten sie sicherlich Heiterkeitserfolge.

Der Sprung der Cambridge-Germanisten ins Planschbecken der Gendergagasprache rief in britischen Zeitungen teils verwunderte Reaktionen hervor. „Cambridge ergreift den Zeitgeist mit gender-neutralem Deutsch“, titelte die Times. Im Artikel kamen auch kritische Stimmen zu Wort, die bezweifelten, ob Studenten, die immerhin 9.250 Pfund (über 10.000 Euro) Studiengebühren pro Jahr zahlen, mit Genderdeutsch wirklich gedient sei. „Meine erste Reaktion war, daß das jetzt Monty Python ist“, sagte Oliver Baer vom Verein Deutsche Sprache der Times. Die Gendersprache empfinde er als Sprachdiktat. „So kann man das vielleicht in Nordkorea machen, aber nicht in unserer Gesellschaft“, sagte er der Times.