© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/22 / 02. Dezember 2022

Meldungen

Minister widersprechen Verfassungsschutz-Chef

BERLIN. Die Innenminister von Bayern und Nordrhein-Westfalen, Joachim Herrmann (CSU) und Herbert Reul (CDU) haben dem Präsidenten des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, widersprochen. Hintergrund sind Äußerungen Haldenwangs, wonach die Klima-Chaoten der „Letzten Generation“ seines Erachtens „nicht extremistisch“ seien. Vielmehr zeigten die Aktionen der Gruppe, „wie sehr man dieses System eigentlich respektiert“, wenn dadurch Politiker zum Handeln aufgefordert würden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte gegenüber der Bild-Zeitung: „Einen ‘besonderen Respekt‘ für unser demokratisches System kann ich hier nicht erkennen“. Zudem sprach er über die Klima-Kleber als „Chaoten“, die das Gesetz nicht respektierten. Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul äußerte sich gegenüber dem Blatt ähnlich. Es sei falsch, die „Letzte Generation“ kleinzureden. Wer Flughäfen blockiere, „dreht an einer gefährlichen Eskalationsspirale“. Eine Sprecherin der „Letzten Generation“ kündigte zuletzt an, in der kommenden Woche von neuen Aktionen abzusehen und stattdessen neue Mitglieder „trainieren“ zu wollen. (st)

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Asyl: Alleinstehende bekommen mehr Geld

KARLSRUHE. Alleinstehende Asylbewerber, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, haben künftig Anrecht auf mehr Geld. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Praxis, ihnen die Sozialleistungen um zehn Prozent zu kürzen, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Bisher erhielten Alleinstehende in Asylunterkünften weniger Leistungen, da der Gesetzgeber davon ausgeht, daß diese Personen weniger Geld benötigten, da „Lebensmittel oder zumindest der Küchengrundbedarf in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werden“. Die Karlsruher Richter urteilten nun, es lägen keine Beweise dafür vor, daß die betroffenen Personen wirklich weniger Geld benötigten: „Die Erwägung, beim notwendigen Bedarf an Nahrung könne eingespart werden, etwa indem Lebensmittel oder zumindest der Küchengrundbedarf in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werde, wird nicht auf Tatsachen gestützt.“ Geklagt hatte ein 2014 nach Deutschland eingereister Asylbewerber aus Sri Lanka. Nach Ablehnung seines Asylantrags im Jahr 2017 war er von November 2019 bis Februar 2020 in einer Sammelunterkunft untergebracht, im Besitz einer Duldung und vollziehbar ausreisepflichtig. In der Gemeinschaftsunterkunft erhielt er weniger Geld als andere Personen, die einer Arbeit nachgingen und klagte zunächst erfolglos gegen die Kürzung seiner Leistungen. Mit der Entscheidung erhalten alle Asylsuchenden, die von der Leistungskürzung betroffen waren, rückwirkend zum September 2019 den vollen Satz von 367 Euro statt 330 Euro. Kritik am Richterspruch kam aus der AfD. Der gesunde Menschenverstand sei im juristischen „Elfenbeinturm“ offenbar verfassungswidrig, merkte der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, René Springer. „Für jeden Bürger ist völlig selbstverständlich: Alleinstehende leben teurer als Ehepaare oder Menschen in Sammelunterkünften“, ist der Abgeordnete aus Brandenburg überzeugt. Er monierte, daß sogar „vernünftige Notwehrmaßnahmen der letzten Merkel-Regierung vom Verfassungsgericht gekippt“ würden. (ho)