© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/22 / 02. Dezember 2022

Grüße aus … Santiago de Cuba
25 Jahre Knast für Handydreh
Alessandra Garcia

Wer jemals einen blauen kubanischen Paß besessen hat, ist für sein Leben gekennzeichnet. Selbst wenn er das sozialistische Tropenparadies durch eine gnädige Fügung des Schicksals verlassen und sogar eine andere Staatsbürgerschaft erwerben konnte. Einmal Kubaner, immer Kubaner – sobald er, egal ob als Tourist, Familienbesucher oder Investor die Insel betritt, ist er für die Kommunisten allein ein Bürger ihres Staates, der auch allein ihrer Gerichtsbarkeit untersteht.

Das bekommt seit Juli vergangenen Jahres der seit Mitte der 1980er Jahre in Dresden lebende Luis Frómeta Compte zu spüren. Der 59jährige geriet zufällig bei einem Familienbesuch in Havanna in gegen das Regime gerichtete Proteste, filmte diese im Vertrauen auf seinen deutschen Paß emsig mit dem Handy und wurde prompt verhaftet. Seitdem gehört er zu jenen mehr als 1.800 politischen Gefangenen, die es nach Angaben diverser Menschenrechtsorganisationen auf der Insel gibt.

Havanna sah sich in seiner Ansicht bestärkt, einen der ausländischen Anstifter erwischt zu haben.

In deutschen Kubaforen wurde der Vorgang mit Verblüffung zur Kenntnis genommen: Man staunte nicht über das harte Vorgehen der Kommunisten, sondern über die grenzenlose Naivität des einstigen DDR-Vertragsarbeiters. Denn daß er keine Sonderrechte genießt, hätte dem lebenserfahrenen Mann klar sein müssen. Im Gegenteil, ausgestattet mit dem kubanischen und dem deutschen Paß war er für die Kommunisten das beste Beispiel dafür, daß die Proteste nicht spontan entstanden sind, sondern von ausländischen Antikommunisten langfristig vorbereitet und gelenkt wurden.

Verstärkt haben diese Ansicht noch die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte sowie der Dresdner CDU-Bundestagsabgeordnete Lars Rohwer, die nicht nur die Freilassung von Frómeta verlangten, sondern gleichzeitig die Bundesregierung auffordern, „das kubanische Regime zu stellen und diesem konkret mehr Freiheit und Menschenrechte für gepeinigte Menschen in Kuba abzuringen“.

Havanna sah sich daraufhin in seiner Ansicht bestärkt, einen der ausländischen Anstifter erwischt zu haben. Zwei Wochen nach dem Rohwer am 7. Dezember eine „poliische Patenschaft“ für den Doppelstaatler Frómeta übernommen hatte, wurde dieser wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ zu einer Gefängnisstrafe von 25 Jahren verurteilt. Der Dresdner wird wohl so lange im Gefängnis Combinado del Este nahe Havanna sitzen müssen, bis über diplomatische Kanäle seine Freilassung erreicht werden kann. Dafür muß aber Gras über die Angelegenheit wachsen. Politischen Druck aufzubauen nutzt allein Politikern wie Rohwer und Nichtregierungsorganisationen.  Denn das Regime in Havanna achtet gerade in der gegenwärtig angespannten Situation darauf, keine Schwächen zu zeigen.