© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/22 / 02. Dezember 2022

„Russisches Roulette mit sechs Kugeln“
15. EIKE-Klimakonferenz: Von der praktischen Unmöglichkeit der Energiewende / Farbanschlag und „offener Brief“ gegen Treffen in Braunsbedra
Christian Dorn / Thomas Lackmann

Ohne Dominique Görlitz hätte es in diesem Jahr vielleicht keine Klimakonferenz des Europäischen Instituts für Klima & Energie (EIKE) gegeben. Denn vor drei Jahren wurde das NH Congress Center München in Aschheim unter anderem durch einen denunziatorischen  Tagesspiegel-Anruf „veranlaßt“, abgeschlossene Verträge für Konferenzräume kurzfristig zu stornieren: Wegen der „polarisierenden Wirkung“ des Jenaer Vereins könne man „die Sicherheit und das Wohlbefinden“ von Gästen und Mitarbeitern nicht garantieren, teilte die Deutschlandzentrale der spanischen NH Hotel Group mit. Das Münchner Umweltinstitut hatte in einem offenen Brief verlangt, EIKE auszuladen, „da diese Organisation gefährliche Propaganda verbreitet“, den „menschengemachten Klimawandel“ leugne und „gezielt Desinformationen“ verbreite. Eine Woche vor der EIKE-Konferenz stürmte zudem die Gruppe „Antikapitalistisches Klimatreffen“ die Hotellobby des NH-Kongreßzentrums und verschreckte die Gäste.

Solche Aktionen oder auch nur drohende Demonstrationen von selbsternannten Klimaschützern oder Antifa-Sympathisanten vor Veranstaltungsorten führen inzwischen vermehrt dazu, daß Konferenzen, die die Energiewende kritisch analysieren wollen, kaum noch Räumlichkeiten in Deutschland finden. Görlitz, Kopf und Gesicht der Pfännerhall in Braunsbedra südlich von Halle, ist nicht eingeknickt – obwohl er viel zu verlieren hat. Denn der 56jährige Vegetationsgeograph hat rund um die 1953 gefundenen Gebeine eines Elefanten ein beeindruckendes Industriedenkmal geschaffen, das sich mit Bergbau- und Urgeschichte im Geiseltal beschäftigt. Und wo sich einst Elefanten tummelten, muß es vor langer Zeit deutlich wärmer gewesen sein – was kaum zur grünen Erzählung vom „menschengemachten Klimawandel“ paßt.

Wer sturmerprobt ist, läßt sich nicht so leicht verschrecken

Die Zentralwerkstatt Pfännerhall als Austragungsort der 15. EIKE-Klimakonferenz bekam für derart politisch unkorrektes Verhalten auch gleich die Quittung. Mutmaßlich Antifa-Mitglieder verübten einen Farbanschlag auf das historische Gebäude, die Schlösser der Türen wurden verklebt. Doch Görlitz ist ein Kämpfertyp, der als Archäologe schon im Nahen Osten im Gefängnis saß. In der Tradition von Thor Heyerdahl und dessen Floß „Kon-Tiki“ führte er zwischen 1999 und 2019 vier Schilfboot-Expeditionen im Mittelmeerraum und im Atlantik durch – wer so sturmerprobt ist, läßt sich nicht so leicht verschrecken. Erst recht nicht von einem verleumderischen offenen Brief, der von linksgrünen Politikern, „Querfurt für Weltoffenheit“, Fridays for Future, den „Omas gegen rechts“, Ende Gelände Halle oder dem Fachschaftsrat der Philosophischen Fakultät I der Martin-Luther-Universität unterzeichnet wurde.

Denn elf Jahre nach Fukushima und ein Jahr nach dem Amtsende der „Klimakanzlerin“ muß Bilanz gezogen werden: Was hat die unter Gerhard Schröder gestartete und unter Angela Merkel verschärfte Energiewende gebracht? Während vielerorts Länder aus der Kohle aussteigen, hat der deutsche Sonderweg des gleichzeitigen Ausstiegs aus Kernkraft und Kohle zu unbezahlbaren Energiepreisen geführt – und das schon vor dem Ukraine-Krieg, der derzeit für alle von der Politik verursachten Probleme als Entschuldigung herhalten muß. EIKE sieht den Streit um CO2, Klima und Energieversorgung aber nicht isoliert als Fachdiskussion unter Naturwissenschaftlern, Meteorologen, Chemikern und Physikern: „Nicht das Klima ist bedroht, sondern unsere Freiheit“, heißt es auf der EIKE-Internetseite.

Neben „bildungsfernen Politikern“ seien es die durch Zwangsgebühren finanzierten GEZ-Medien, die wesentliche Grundwahrheiten entweder nicht kennen oder bewußt verschweigen. Zu diesen Grundwahrheiten gehöre: Die gesamte Fläche Deutschlands reiche nicht aus, um genügend Windräder für die Energieversorgung einer Industrienation aufzustellen. Und noch so viele Windräder produzieren bei Flaute keinen größeren Stromertrag – ebenso wie noch so viele Solaranlagen nachts keinen Strom produzieren. Ein Ziel von „100 Prozent Energie aus erneuerbaren Quellen“ sei daher technisch und wissenschaftlich unmöglich.

Benny Peiser, Direktor der Global Warming Policy Foundation in London, berichtete in Braunsbedra über die Ursprünge des neuen „Net-Zero-Dogmatismus“. Ähnlich wie in Deutschland, wo Union und FDP längst auf „Klimakurs“ sind, habe sich auch im Vereinigten Königreich selbst der ansonsten oft kritisierte „Brexit“-Premierminister Boris Johnson auf die Seite der grünen Alarmisten geschlagen. Peiser hält daher eine Spaltung der britischen Tories über diese Frage für möglich, da auch die britischen Konservativen vergessen hätten, wofür sie eigentlich stehen. Marcel Crok von der Clintel Foundation in den Niederlanden verglich die vom UN-„Weltklimarat“ (IPCC) veröffentlichten Szenarien zu einem weltweiten Temperaturanstieg mit den Ergebnissen von tatsächlichen Temperaturmessungen: Zwischen den durch Computersimulationen entstandenen „Modellen“ und der Realtiät lägen Welten. Die Mainstreammedien hielten aber weiterhin am „Zwei-“ oder dem „1,5-Grad-Ziel“ fest. Die ständig wiederholte Behauptung, daß 97 Prozent aller Wissenschaftler sich einig seien, daß der Klimawandel menschengemacht ist, beruhe auf einer manipulativen Auswertung von Veröffentlichungen.

Eine CO2-freie Möglichkeit der Energiegewinnung – die Kernkraft

Praktische Erfahrungen in Sachen Blackout hat Manfred Haferburg. Zu DDR-Zeiten war der Diplomingenieur Schichtleiter im DDR-AKW Greifswald, als ein Schneechaos im Winter 1978/79 ganz Norddeutschland lahmlegte. Für Haferburg, der für seinen Hang zur eigenen Meinung Bekanntschaft mit dem Stasi-Knast machte, bedeutet die Energiewende „Russisches Roulette mit sechs Kugeln“. Er schilderte das umfangreiche System von Ausbildung, Prüfung, Zertifizierung und Re-Zertifizerung, das AKW-Mitarbeiter durchlaufen müssen. Ohne zertifizierte Mitarbeiter gäbe es keinen Betrieb von Kernkraftwerken. Und angesichts des von Schwarz-Gelb 2011 beschlossenen und von einer „Ethik-Kommission“ abgesegneten Atomausstiegs hätten sich diese hochqualifizierten Experten beruflich längst anders orientiert. Haferburg hat als Sicherheitsberater mehr als 100 AKWs weltweit von innen gesehen. Der in Paris lebende Spezialist sieht Deutschland auf dem absteigenden Ast, da man abgeschaltete AKWs nicht einfach durch Umlegung eines Schalters wieder anlaufen lassen könne. Deutschland habe sich daher für mindestens 25 Jahre von der Kernenergie verabschiedet, während anderswo damit die Zukunft gestaltet werde.

Immer wieder war auf der EIKE-Tagung von der Verlogenheit der Grünen die Rede. Deren Gegnerschaft zu CO2 könne nicht echt sein, wenn man eine CO2-freie Möglichkeit der Energiegewinnung – die Kernkraft – kategorisch ablehne. Markus C. Kerber, Wirtschaftsprofessor von der TU Berlin, gehört zu den schärfsten Kritikern von Mächtigen in Berlin und Brüssel, egal welches Parteibuch die handelnden Personen haben. Er klagte gegen die Euro-Rettungspolitik und die systematischen Rechtsbrüche vor Gericht. Und auch bei aktuellen Maßnahmen wie dem „Energiepreisdeckel“ kommt er zu vernichtenden Urteilen: Kerber sieht Deutschland und die EU auf „vertragssprengenden Pfaden“.

Widerspruch zur geltende Energiewende Orthodoxie kommt auch von einem emeritierten Professor von der Martin-Luther-Universität in Halle. Wolfgang Merbach gehört dem Bundesvorstand des Evangelischen Arbeitskreises von CDU und CSU an. Angela Merkel war dort einmal Vorsitzende. Doch der Agrikulturchemiker läßt an ihrer Energiewende kein gutes Haar. Das hatte ihm schon den Anruf eines CDU-Generalsekretärs eingebracht, der ihn auf die offizielle Parteilinie hinwies. In der Bewertung der Energiewende ist er sich einig mit Helmut Alt, Elektroingenieur und Professor von der FH Aachen. Für Alt ist technisch fast alles möglich. Aber man müsse eben auch auf die Kosten schauen – und die sind bei der deutschen Energiewende gigantisch.

 eike-klima-energie.eu

 www.pfaennerhall-geiseltal.de

 klima-LSA.de