© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/22 / 02. Dezember 2022

Haß gegen Deutschland
Ein Geheimpapier des BKA enthüllt: Linksextremisten und sogenannte „Klima-Aktivisten“ planen Aktionen gegen kritische Infrastrukturen in Deutschland
Kenneth Wishöth / Martina Meckelein

Sie kommen in der Dämmerung. Die drei Täter tragen Pudelmütze, einer schiebt ein Fahrrad. Am mannshohen Zaun angelangt, kneifen sie den Maschendraht mit einer Zange durch und schlüpfen auf das Sicherheitsgelände des Flughafens Berlin Brandenburg (BER). Dazu streamen sie ihren Coup live im Internet. Fast zur selben Zeit entern im Süden des Geländes drei weitere „Aktivisten“ das Flugfeld. Innerhalb von Minuten legen fünf Männer und eine Frau den Hauptstadtflughafen lahm. Keine Starts, keine Landungen. Es ist der 24. November 2022 um 16.15 Uhr.

Anschläge auf die Bahn, auf das S-Bahnnetz, auf die Flugsicherheit, auf das Stromnetz. Kein Monat, in dem es keine Horrornachricht gibt. Deutschland scheint zu einem Tummelplatz zu verkommen, auf dem sich Geheimdienste, Klimaterroristen, Linksextremisten und Clankriminelle ein fröhliches Stelldichein geben. Sicherheitsorgane, Politik und Rechtsprechung scheinen entweder hilf- oder willenlos, sich dieser Gewalt entgegenzustellen.

Noch am 16. November gibt Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang beim Demokratie-Forum im Hambacher Schloß folgende Einschätzung ab: Er sei froh, daß junge Menschen sich wieder für Politik einsetzten. Damit meint er die Mitglieder der „Letzten Generation“. Die sei, so Haldenwang, „tatsächlich so eine spezielle Gruppierung, die sagen, wir müssen durch spezielle Aktionen auf uns aufmerksam machen.“ Zwar begingen sie Straftaten, aber dies mache „diese Gruppierung jetzt nicht extremistisch.“

Der JUNGEN FREIHEIT liegt dagegen exklusiv eine Einschätzung des Bundeskriminalamtes (BKA) vor. Der Titel: „Gefährdungsbewertung zu möglichen Ausspähsachverhalten von Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur und des Militärs“ steht auf dem siebenseitigen geheimen Bericht. Empfänger sind unter anderem alle Landeskriminalämter, der Bundesnachrichtendienst, der Generalbundesanwalt beim BGH, der Militärische Abschirmdienst, aber eben auch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Demnach erhielt das BKA in den „vergangenen Wochen und Monaten vermehrt Kenntnis von diversen potentiellen Ausspähsachverhalten mit Bezug zu Deutschland“. Bei den „Ausspähungsobjekten“ handelt es sich sowohl um „Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur (KRITIS) als auch um militärische Einrichtungen“. Hier eine Auswahl:

6. Juli 2022: Am späten Abend fliegt eine UAS-Drohne (Unmanned Aircraft System), also ein unbemanntes Luftfahrzeugsystem mit Fernsteuerung über ein Stickstoffwerk in Sachsen-Anhalt. Der Überflug ist nicht genehmigt.

11. Oktober 2022: Anonym teilt ein Zeuge mit, zufällig ein Gespräch zweier Männer in russischer Sprache angehört zu haben. Sie sprachen über eine geplante Fahrt zu einer Raffinerie in Bayern und darüber, daß sie bereits ausreichendes Fotomaterial über eine Raffinerie und einen Flughafen gesammelt hätten.

17. Oktober 2022: Ein Unbekannter fährt mit einem Pkw mit russischem Kennzeichen auf das Gelände einer Tankstellenbetreiber-Firma in Niedersachsen. Die Person fotografiert Diesel-Tanks und das Firmengebäude. Ein Mitarbeiter stellt den Mann. Der behauptet in radebrechendem Englisch, er habe sich verfahren.

19. Oktober 2022: Unbekannte demontieren auf dem Firmengelände einer Raffinerie in Nord-rhein-Westfalen eine Überwachungskamera.

5. November 2022: Überflug eines olivgrünen Hubschraubers ohne Kennung über ein Tanklager und ein Umspannwerk in Rheinland-Pfalz. Der Hubschrauber soll eine Kamera an Bord gehabt haben.

16. November 2022: UAS-Überflug in Mecklenburg-Vorpommern. Betroffen: Eine kerntechnische Anlage.

Über Bundeswehrkasernen konnten mindestens 30 UAS-Flüge festgestellt werden. Oftmals sind Kasernen betroffen, in denen ukrainische Soldaten ausgebildet werden.

 Als Gefährdungsbewertung gibt der BKA-Bericht folgende Einschätzung: „Grundsätzlich ist zu konstatieren, daß insbesondere seit dem Angriffskrieg Rußlands gegen die Ukraine gesteigertes Interesse der linken und der klimaaktivistischen Szene an Aktionen unter anderem gegen mit der Öl- und Gaswirtschaft assoziierten Infrastrukturanlagen und Wirtschaftsunternehmen zu verzeichnen ist.“  

Die Deutsche Bahn will für mehr Sicherheit sorgen 

„Zum bestmöglichen Schutz kritischer Infrastrukturen beizutragen und somit die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen“, umschreibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe seine Aufgaben. Die JUNGE FREIHEIT wollte wissen: Wie schätzt diese Behörde die aktuelle physische und digitale Gefahrenlage in Deutschland ein? „Das BBK erstellt Empfehlungen für Betreiber Kritischer Infrastrukturen und nimmt somit eine beratende Rolle im Rahmen des Risiko- und Krisenmanagements ein“, so Henning Hahn, stellvertretender Pressesprecher der Behörde gegenüber dieser Zeitung. „Dem BBK liegen keine eigenen Erkenntnisse vor.“

Seltsam. Denn am 14. und 15. November 2022 fand zum dritten Mal der Digitale Katastrophenschutzkongreß statt, „um die umfangreichen Entwicklungen und Herausforderungen in Bevölkerungs- und Katastrophenschutz zu diskutieren“. Themen: Resilienz, also Widerstandskraft, Blackout, chemische-biologische-radiologische-nukleare- Lagen (CBRN) und sichere Kommunikation. Der Youtuber „Mr. Blackout“ hatte auf seinem Kanal über den Kongreß berichtet. Mit dabei unter anderem: THW, Feuerwehr und das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr, aufgestellt am 26. September 2022. Dessen Ton- und Bildqualität war noch verbesserungswürdig. Das Deutsche Rote Kreuz fiel komplett aus, weil bei Baggerarbeiten, die Glasfaserkabel zuvor durchtrennt worden waren. Gerd Friedsam, Präsident Bundesanstalt Technisches Hilfswerk sagte: „Krise ist kein Ausnahmezustand mehr, sondern die neue Normalität, das sogenannte new-normal.“ BBK-Präsident Ralph Tiesler sekundiert: „In einer Zeit voller Unsicherheiten ist nichts so sicher wie die nächste Krise selbst.“ Am 19. November sagt er in einem Interview mit der Welt am Sonntag: „Müssen davon ausgehen, daß es im Winter Blackouts geben wird.“ Nur einen Tag später veröffentlichte die Behörde eine „Klarstellung“: „Ein großflächiger Stromausfall in Deutschland ist äußerst unwahrscheinlich.“

Die Deutsche Bahn muß den Schutz außerordentlich vieler Knotenpunkte in ihrem Sicherheitskonzept bedenken. Dazu zählen nach Angaben einer DB-Sprecherin gegenüber der JF „Gleise, Bahnhöfe, Weichen, Signale, Telekommunikationsanlagen, Brücken, Tunnel oder Umschlags-, Rangier- und Abstellanlagen“. Im vergangenen Jahr zählte die zuständige Bundespolizei 2.004 Angriffe auf den Bahnverkehr, dieses Jahr, Stand 30. September, waren es 1.698. Sicherheit sei bei der DB „oberstes Gebot“, allerdings habe die DB „ein Streckennetz von rund 34.000 Kilometern – eine flächendeckende und lückenlose Überwachung ist damit nicht umsetzbar“. Die Bahn plant jetzt „in Abstimmung mit der Bundespolizei zusätzliche Sicherheitskräfte“ einzusetzen. Konkret sollen die aktuell 4.300 DB-Sicherheitskräfte und 5.500 Beamte der Bundespolizei durch weitere „mobile Präsenz- und Präventionsstreifen von DB Sicherheit“ unterstützt werden.

Ortswechsel. Am 22. November sind in Manching, Bayern, um 1.17 Uhr auf einen Schlag 13.000 Einwohner ohne Telefon und Internet. Störung in einem Verteilerzentrum der Telekom. Die schickt Techniker vor Ort, um den Grund zu ermitteln. Kabel sind durchtrennt. „Soweit wir es jetzt wissen gegen vier Uhr hat ein Techniker den Ausfall wirklich dieses Internets und der Telefonie bestätigt und hat auch die Einsatzzentrale der Polizei in Ingolstadt informiert“, schildert Polizeivizepräsident Guido Limmer vom Bayerischen LKA auf einer Pressekonferenz am Folgetag die Ereignisse, die einen der größten Kunstraube in Deutschland betreffen. Ging der Techniker noch von einer Gefahr für Geldautomaten aus, weil die Alarmanlagen beeinträchtigt sein könnten, hatten die Räuber es auf 483 antike Goldmünzen im Keltenmuseum abgesehen. Goldwert: 250.000 Euro, Beutewert: Millionen Euro. 

Die Polizei zieht Vergleiche zu anderen Kunstrauben in Deutschland. Limmer: „Wir stehen natürlich auch im Austausch mit den Kollegen in Berlin und Dresden, denn das haben sie auch schon bemerkt, mögliche Parallelen bestehen zu dem Kunstraub im Grünen Gewölbe, da die Juwelen und im Bode-Museum auch diese große Goldmünze, der Maple Leaf.“ Im Fall des Raubes aus dem Grünen Gewölbe (118 Millionen Euro allein die Versicherungssumme) in Dresden sind Remmo-Clan-Mitglieder angeklagt, Urteil voraussichtlich im Januar 2023. Im Fall der Maple Leaf wurden zwei Remmo-Clan-Mitglieder verurteilt.

 Zurück auf die sogenannten Taxiways beim BER. Vier von sechs „Klima-Aktivisten“ hatten sich auf den Rollbahnen festgeklebt. Eine von ihnen: Penelope Frank. Gestern hieß sie noch Patrick, heute ist sie Pin-up-Girl in der Bild. Auch dabei: Benjamin F. aus Baden-Württemberg. Er beschmierte schon das Monet-Gemälde im Barberini-Museum in Potsdam mit Kartoffelbrei. Alle sechs sind wieder auf freiem Fuß. Bilanz: 15 Flüge umgeleitet, fünf Flüge ausgefallen, 4.000 Passagiere betroffen. Schaden für die Fluglinien: Mindestens 1,6 Millionen Euro. Der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz beim Landeskriminalamt Brandenburg hat die Ermittlungen übernommen, unter anderem wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr. 

Übrigens: Am 8. Dezember ist der bundesweite Warntag. Da probieren Bund, Länder und Kommunen ihre Warnkanäle wie TV, Radio, Apps und Sirenen aus.

Fotos: Gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr: „Klima-Aktivisten“ verursachen auf dem Flughafen Berlin Brandenburg einen Millionenschaden; Zerstörte Vitrinen im Keltenmuseum (l.) und Kabel-Sabotage bei der DB: Alltägliche Dramen