© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/22 / 02. Dezember 2022

Blick in die Medien
TV-Talk unzensiert
Tobias Dahlbrügge

Piers Morgan ist ein Vollblut-Fernseh- und Zeitungsjournalist. Sein Handwerk lernte der 57jährige beim Krawall-Boulevardblatt The Sun. In den USA moderierte der Trump-Spezi zahlreiche TV-Sendungen. Zurück in England war er das Gesicht der Nachrichtensendung „Good Morning, Britain“. Dort warf man ihn im vergangenen Jahr wegen angeblicher Unverschämtheiten über Neoroyal-Skandalnudel Meghan hinaus. Darauf gerierte sich Morgan als Märtyrer der Redefreiheit.

Seit einem halben Jahr hat er nun seine eigene Interview-Show „Piers Morgan Uncensored“ auf dem 24-Stunden-Nachrichtenkanal „Sky News Australia“, die via Fox auch in den USA ausgestrahlt wird. Das Sendeformat ist maßgeschneidert für den Briten mit dem losen Mundwerk. Das Konzept besteht darin, neben Stars auch möglichst umstrittene Gäste einzuladen.

Der „Bösewicht des Jahres“ genießt seine provokanten Interviews sichtlich und wird dafür kritisiert.

Dabei waren bisher Trump-Fan und Skandal-Rapper Kanye West, der zuletzt wegen antisemitischer Provokationen von Medien und Sponsoren verlassen wurde. Oder Kickbox-Influencer und Internet-Krawallschachtel Andrew Tate, der definitiv ein Problem mit Frauen hat und angeblich neulich zum Islam konvertiert ist. Ebenfalls dabei: der konservative Psychologe und Autor Jordan Peterson, der bei Linken durch angebliche „Haßrede“ und „Islamophobie“  für bedenklichen Blutdruck sorgt. Kürzlich vis-à-vis: der alternde Fußballgott Cristiano Ronaldo, der mit einem „Skandalinterview“ über Vereinsinterna für einen Rieseneklat sorgte. Dieser spielte bei der jetzigen Trennung des Portugiesen von Manchester United eine zentrale Rolle.

Die Gespräche machen dem Moderator, der 2020 von der Zeitschrift NME zum „Bösewicht des Jahres“ gekürt wurde, sichtlich Spaß, denn nichts liebt der Boulevard-König mehr als die Provokation. Die BRD-Presse springt glatt darauf an: „Er nervt!“, stöhnt die FAZ; „aggressiv und polarisierend“ nannte ihn der Spiegel. Morgan dagegen sagt, er wolle „die Cancel Culture canceln, bevor sie unsere Kultur cancelt.“ Das ist vielleicht ein bißchen viel Selbstbeweihräucherung, aber unterhaltsamer als die üblichen Kuschelrunden im linken Meinungs-Einheitsmief. Auf Youtube kann man die Folgen auf dem Kanal seines Formats anschauen.