© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/22 / 02. Dezember 2022

Umwelt
Bonus für die zweite Chance
Paul Leonhard

Im Nachkassenbereich ist es enger geworden. Wo bisher Container für Papier, Verpackung, Restmüll und Altbatterien standen, müssen Aldi, Kaufland & Co. nun auch Behälter für Altgeräte aus dem eigenen Angebot bereithalten – wenn sie eine Verkaufsfläche von mindestens 800 Quadratmetern haben und mehrmals im Jahr „Elektrisches“ anbieten. So verlangt es das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG). Sprich: Für Elektroschrott sind nun die Verkäufer und nicht die Käufer verantwortlich. Bislang mußten sie ihre Altgeräte in die kommunalen Wertstoffhöfe bringen, praktisch landete vieles im Restmüll. Die Rücknahmepflicht betrifft aber nur Geräte kleiner als 25 Zentimeter, also Rasierer, Uhren, Telefone oder Toaster. Größere Geräte können im Discounter nur zurückgegeben werden, wenn gleichzeitig ein ähnliches Gerät neu gekauft wird.

In Reparaturcafés versuchen versierte Enthusiasten, vermeintlichen Elektroschrott zu reanimieren.

Aber die Reallohnverluste und die enormen Preissteigerungen könnten nun zu einem Umdenken führen: Für die Wegwerfmentalität fehlt vielen jetzt das Geld. Hier hilft ein Blick in die Vergangenheit: In der DDR und in der „alten“ Bundesrepublik bekamen viele vermeintlich unreparierbare Geräte eine zweite Chance. Ja, die Qualität war damals meistens besser und viele Handwerker und Läden boten noch preiswerte Reparaturen an. Aber die Reparaturcafés, die es inzwischen in vielen Städten gibt, versuchen dennoch ihr Bestes. Technikversierte Enthusiasten können hier unter fachmännischer Aufsicht selbst „Made in China“-Geräte zum Leben erwecken. In Österreich werden derartige Aktionen sogar mit einem Reparaturbonus von 50 Prozent belohnt. Bis zu 200 Euro je Instandsetzung übernimmt das Umweltministerium. Dafür stehen bis 2026 130 Millionen Euro aus Brüsseler „NextGenerationEU“-Fonds zur Verfügung. Der „Reparaturbonus 2.0“ in Thüringen ist hingegen auf 100 Euro pro Person und Kalenderjahr beschränkt.

Deutsches Netzwerk Reparatur-Initiativen: reparatur-initiativen.de