© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/22 / 09. Dezember 2022

Politisierte WM in Katar
Lächerlich gemacht
Michael Paulwitz

Wieder ein Fußballturnier zum Fremdschämen. Großspurig angetreten, blamiert wieder abgezogen – die Selbstdemontage der DFB-Auswahl im schmählichen Vorrunden-Aus bei der Winter-WM in Katar geht über die sportliche Dimension weit hinaus: Die Mannschaft, die in ihrem quietschbunten „Diversität gewinnt“-Flieger gescheitert die Heimreise antreten mußte, ist das getreue Abbild eines Landes im Abstieg, das sich auf früheren Leistungen und vergangener Stärke ausruht, fest überzeugt, noch immer als allseits geschätztes Vorbild dazustehen, während es gar nicht mehr mitbekommt, daß die anderen sich längst nur noch über seine sonderlichen Geisterfahrten lustig machen.

Die eigens nach Katar gereiste Bundesinnenministerin, die sich auf der Ehrentribüne mit alberner Regenbogenbinde am bleichen Arm ablichten läßt, um mit infantilen Mätzchen die Gastgeber zu provozieren, die Fußball-Millionäre auf dem Platz, die ihr gratismutiges Mund-zu-Gruppenfoto für eine heroische Haltungsdemonstration halten, in Wahrheit aber doch nur ein neues Symbolbild für den Spott über den durchgeknallten Hippie-Staat Deutschland produziert haben, das denn auch prompt und weltumspannend aufgegriffen wurde: Sie sind zwei Seiten derselben stumpfen Medaille.

Linientreue ist nun mal kein Ersatz für Leistung und Anstrengung – weder im Sport noch in der Politik.

Was hat das Ganze gebracht? Die Bundesregierung hat für ein ideologisches Randthema außenpolitisches Vertrauenskapital verspielt und sich als seriöser internationaler Partner diskreditiert. Und die früher mal angesehene Fußball-Nationalmannschaft muß zum dritten Mal in Folge ein internationales Turnier frühzeitig verlassen und steht als entzauberter Scheinriese mit großer Klappe und mäßiger Vorstellung da.

Welten liegen zwischen dem „Sommermärchen“ von 2006 samt seinen Lockerungsübungen in unverkrampftem Patriotismus und dem spöttischen Mund-zu-Abschiedswinken der katarischen Gastgeber beim Abzug der deutschen Haltungsakrobaten. Linientreue ist nun mal kein Ersatz für Leistung, Anstrengung und Ernsthaftigkeit – weder im Sport noch in der internationalen Politik und im globalen Handel.

Daß es offenkundig nur eine kleine Minderheit von politkorrekten Einpeitschern war, die den Spielern das unwürdige Kasperltheater um Binden, Gesten, Regenbögen und andere sektiererische Fetische aufgenötigt hat, statt sich auf den Sport zu konzentrieren, schlägt den Bogen zurück zum Zustand des Landes, für das sie ursprünglich antreten sollten. Zumindest einer dieser Apparatschiks, Teammanager Oliver Bierhoff, mußte jetzt gehen. Die Deutschen und ihre Mannschaft jedoch, die sich ohne Aufbegehren von woken Ideologen am Nasenring vorführen und davon ablenken lassen, was wirklich zählt – sie haben einander wahrhaftig verdient.