© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/22 / 09. Dezember 2022

Aufgeschnappt
Fehl am Platz im diversen Mikrokosmos
Matthias Bäkermann

Wohl würde sich der sittenstrenge Pfarrerssohn heute in der Umgebung seines an ihn erinnernden Denkmals wahrscheinlich nicht fühlen. Der Volkspark Hasenheide im Berliner Stadtbezirk Neukölln, wo der nationalbewegte Friedrich Ludwig Jahn für die „leibliche sowie geistige und sittliche Ertüchtigung“ deutscher Männer 1811 den ersten öffentlichen Turnplatz gründete, ist heute geprägt von Hundekot und Müllbergen des feiernden Partyvolks, Drogendealern aus aller Herren Länder und Schwulen, die sich in den Gebüschen zu lüsternen Sextreffen tummeln. In diesem „funkelnden Mikrokosmos der Diversität“ (Berliner Zeitung) stellt Turnvater Jahn also eher einen Fremdkörper dar, weshalb das „Netzwerk Frauen in Neukölln“ nun in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auch den Abriß der Jahn-Statue beantragt hat. Ein Denkmal an den „Antisemiten, Nationalisten, Antidemokraten, Militaristen und Antifeministen“ sei untragbar. Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) begrüßt ebenso wie der Stadtrat für Grünflächen, Jochen Biedermann (Grüne), die Debatte. Eine „kritische Auseinandersetzung ist sicherlich an der Zeit“, begründet Biedermann vergangene Woche im Tagesspiegel den Vorstoß.