© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/22 / 09. Dezember 2022

Alena Buyx. Respektsperson oder Real­satire? An der Chefin des Deutschen Ethikrats scheiden sich die Geister.
Ergebene Expertin
Thorsten Hinz

Seit Mai 2020 leiht die in Osnabrück geborene Medizinethikerin Alena Buyx der Corona-Politik ihr nettes Gesicht. Als die damals 43jährige mitten im Covid-Hype zur Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats ernannt wurde, war sie für die Öffentlichkeit ein unbeschriebenes Blatt, doch ihre Referenzen machten sofort Eindruck: Eine promovierte Medizinerin mit Abschlüssen in Soziologie und Philosophie, dazu ein Studium der Medizingeschichte. Lehr- und Wanderjahre an den Unis in Münster, im britischen York, in Harvard. am University College London. Professuren in Kiel und seit 2018 an der TU München. Ihre Mitgliedschaften in Akademien, Ausschüssen, Gremien sind kaum zu zählen. Ein omnipräsentes Wunderweib, das die Fähigkeiten des Soziologie-Papstes Max Weber und des Philosophen, Geschichtsdenkers und Arztes Karl Jaspers zu vereinen scheint.

Der Nutzen für den Ethikrat ist überschaubar. Zwar hantiert Buyx mit Begriffen wie „empirisches Wissen“, „ethische Leitplanken“ und „gerechtigkeitstheoretische Ansätze aus der Philosophie“, aber am Ende geht es stets darum, den Pandemie-Beschlüssen der Bundesregierung die Unbedenklichkeit zu bestätigen und einen faktischen Ausnahmezustand zu legitimieren. Die Servilität des Rates gegenüber der Exekutive ist in seiner Struktur und Aufgabenbeschreibung angelegt. Je zur Hälfte von der Regierung und dem Bundestag ernannt, soll er Empfehlungen für politisches und gesetzgeberisches Handeln zu ethisch umstrittenen Fragen erarbeiten und die gesellschaftliche Diskussion fördern. Gefragt ist die politische Dienstleistung – nicht die ergebnisoffene Wissenschaft. Querdenker bleiben ausgeschlossen.

Nun teilte sie mit, daß ihre Söhne für jedes gesehene WM-Spiel eine Spende für Menschenrechte entrichten.

Tatsächlich hat Buyx mit der Einschränkung der Grundrechte, der Zulassung kaum erprobter Vakzine, mit möglichen Spätfolgen und mit der medialen, sozialen, staatlichen Verfolgung von Kritikern der Corona-Maßnahmen wenig Probleme. Noch im Dezember 2021, als längst Meldungen über schwere Impfschäden kursierten, plädierte sie für „sehr hohe Impfquoten“ und erhob auch keinen Einspruch gegen die medizinisch sinnlosen Schulschließungen. Wenigstens gibt sie jetzt zu: „Die Belange junger Menschen wurden nicht genügend gesehen.“ 2021 wurde sie „für ihren Einsatz für den gesellschaftlichen Zusammenhalt während der Coronakrise“ mit dem Deutschen Nationalpreis honoriert, was heißt: Buyx hat sich als ergebene Expertin und gefällige Dienstleisterin bewährt.

Folglich werden ihre jüngsten Äußerungen über ungesunde individuelle Ernährung und die von der Allgemeinheit zu tragenden Folgekosten als Plädoyer für den übergriffigen Transformationsstaat verstanden. Nun hat sie öffentlich gemacht, daß ihre zwei Söhne nach jedem Spiel der Fußball-WM in Katar, das sie sich anschauen, eine Spende für eine Menschenrechtsorganisation ihrer Wahl entrichten. Das klingt statt nach Max Weber nach Claudia Roth, statt nach Karl Jaspers nach Karl Lauterbach. 

Interessanterweise leitet ihr Ehemann in Wien ein Institut für „innovative Politik“, das „Projekte und Programme für Politiker, Institutionen, Zivilgesellschaft und Bürger (entwickelt), um demokratische Politik erfolgreicher zu machen“. Von Alena Buyx wird man gewiß noch viel hören. Und zu sehen bekommen.