© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/22 / 16. Dezember 2022

Bettina Jarasch. Wer ist die Grüne, die beste Aussichten hat, ab Anfang 2023 die deutsche Hauptstadt zu regieren?
Mehr Bullerbü
Frank Hauke

Bettina Jarasch stammt aus Augsburg. Das hat nicht einmal 300.000 Einwohner – etwas weniger als in jedem einzelnen Berliner Bezirk. Wie so viele Zugezogene möchte die Grüne die vermeintliche Idylle ihrer Heimat auf die Hauptstadt übertragen. Nun hat die Verkehrssenatorin, die alles tut, Autofahrern das Leben schwer zu machen, gute Chancen bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus am 12. Februar neue Regierende Bürgermeisterin zu werden und Franziska Giffey (SPD) abzulösen. Denn fast alle Umfragen – die jüngste mit 22 Prozent – sehen ihre Partei als stärkste Kraft und deren Bündnis mit Sozialdemokraten (19 Prozent) und Linken (11 Prozent) erneut bei einer satten Mehrheit. 

Die 54jährige würde damit von der eigenen Unfähigkeit profitieren. Denn daß in Berlin fast alles schiefgeht und nicht einmal Wahlen funktionieren, fällt in die Verantwortung des rot-rot-grünen Senats. Nach der Chaoswahl 2021 sah sich Jarasch, die bis dahin zwölf Jahre die Hauptstadtgrünen führte, gemäß Prognosen bereits im Roten Rathaus und feierte entsprechend. Doch dann überholte die SPD sie auf den letzten Metern.

Es blieb nur das Verkehrsressort. Hier begann die Grüne mit ideologischem Eifer rasch zu polarisieren. Mit der von den Autofahrern bezahlten Kfz-Steuer läßt sie Straßen verengen oder ganz sperren, Fahrspuren zu Radwegen machen und Abstellplätze verschwinden. Neueste Schikane: Die Senatorin erhöht nicht nur die Parkgebühren, sie will Radfahrer auch „zur Nutzung dieser Verkehrsflächen animieren“: Ab Januar darf ein einziges Fahrrad einen kompletten Autostellplatz beanspruchen – und im Gegensatz zum Autofahrer muß der Radler nicht einmal einen Parkschein ziehen. Konflikte sind da programmiert, und Kritiker monieren, die Regelung solle offensichtlich beide Gruppen gegeneinander aufhetzen.

Gelingt es ihr Berlin, wo jetzt schon fast alles schiefgeht, zu führen, wird eine noch größere Chaotisierung folgen.

Doch die Anti-Verkehrspolitik ist der Politologin, die nach dem Studium als Referentin der Bundestagsfraktion ihre Politikkarriere begann, längst zu klein geworden. Gelingt es ihr ganz Berlin zu regieren, wird eine noch größere Chaotisierung folgen. So haben sich die Grünen hinter den Volksentscheid gestellt, die Nutzung fossiler Brennstoffe in sieben Jahren zu untersagen. Das würde ein völliges Verbot des Individualverkehrs bedeuten – inklusive der bisher vier Prozent Elektroautos, denn der Berliner Strom wird fast ausschließlich mit Kohle, Gas und Öl erzeugt. Nebeneffekt: Ebenso hätten die Haushalte keine Elektrizität mehr.

Jarasch, die gern so tut, als erledige sie ihre Termine mit dem Fahrrad, wurde schon dabei erwischt, kurz vor Einweihung eines Radweges aus der Dienstkarosse auf den Drahtesel umzusteigen. Gegenwind der Berliner Medien muß sie bei ihren Vorhaben, die weit über die Augsburger Idylle hinausgehen, dennoch kaum fürchten. Daß ihr Mann als Abteilungsleiter bei dem auf allen seinen Kanälen den Senat stützenden Landessender RBB arbeitet, spielt dabei nicht einmal eine Rolle.

Einen Aufschrei gab es lediglich, als Jarasch 2021 erzählte, als Kind habe sie „Indianerhäuptling“ werden wollen. Den folgenden „Rassismus“-Vorwürfen entzog sie per Bußritual den Boden, nannte ihre Erinnerungen „unreflektiert“, bekannte unterwürfig „auch ich muß dazulernen“ und ließ die Passage im Videomitschnitt des Gesprächs übertönen. Dann versprach sie „mehr Bullerbü“ für Berlin – und alles war wieder gut.