© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/22 / 16. Dezember 2022

Filmkritik Rubikon
Überlebende im Weltall
Werner Olles

Wir schreiben das Jahr 2056. Seit dem Zusammenbruch des Ökosystems ist das Leben auf Erde unerträglich geworden. Nationalstaaten haben abgedankt, anstelle von Politikern regieren globale Konzerne und ökonomische Eliten, die Milliardäre haben sich in sogenannte Luftkuppeln („Air Domes“) zurückgezogen, in denen sie mit frischer Luft versorgt werden. Währenddessen schlägt sich die Masse der „Überflüssigen“ und „Nutzlosen“ irgendwie durch, um zu überleben.

Als die Erde ein giftiger, grau-brauner Nebel überzieht, beobachtet das die Besatzung der ISS-Raumstation „Rubikon“ vom Weltall aus. Die junge Konzernsoldatin und Astronautin Hannah (Julia Franz Richter) und die beiden Wissenschaftler Dimitri (Mark Ivanir), der um seinen Sohn trauert, und Gavin (George Blagden), der zwischen Todessehnsucht und Weltverbesserungsphantasien schwankt, verlieren den Kontakt zur Bodenstation. Während die Frage im Raum steht, ob sie wirklich die letzten lebenden Menschen sind, eskalieren die Konflikte zwischen den drei Besatzungsmitgliedern. Hannah befindet sich in einem Zwiespalt zwischen privaten und beruflichen Pflichten. Der Idealist Gavin plädiert dafür, die eigene Spezies zu retten, und will ein riskantes Rettungsmanöver starten, doch Dimitri, der ein saubere Luft produzierendes Algenprojekt erfunden hat, ist dagegen. Alle drei wissen, daß die Zukunft der Menschheit und der Erde auf dem Spiel steht. Werden sie als potentiell letzte Überlebende im All verharren oder zur Rettung der Menschen aufbrechen?

„Rubikon“ ist das Langfilmdebüt der österreichischen Regisseurin Magdalena Lauritsch: ein auf englisch gefilmtes Science-fiction-Drama über die wissenschaftlichen Ursprünge der plötzlichen atmosphärischen Veränderungen und des im Mittelpunkt stehenden Forschungprojekts. Lauritsch und ihrer Co-Autorin Jessica Lind geht es weniger um technische Probleme, sondern um die ethischen Fragen über Verantwortung und Entscheidungen, die in der engen, düsteren Station aufbrechen. Grandios konkurriert diese imposante Kulisse mit den Weltraumspaziergängen und dem entsetzten Blick auf den toxischen Nebel, der die Erde überzieht.

„Rubikon“ braucht den Vergleich mit großen internationalen Produktionen nicht zu scheuen. Löblich ist zudem, daß der Film nicht hysterische Thesen bedient, sondern zum Nach- und Mitdenken anregt.

DVD/Blu-ray: Rubikon. Plaion Pictures 2022, Laufzeit etwa 110 Minuten