© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/22 - 01/23 / 23. Dezember 2022

Deutschland steckt im Arzneiengpaß
Zauberlehrlings Meisterstück
Ira Austenat

Seit dem „Arzneimittelflohmarkt“ des Ärztekammerpräsidenten rätselt man: Satire oder bitterer Ernst? Hilfloser Aktionismus ignoriert den langen Anlauf des Scheiterns. 

Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) setzte Mitte der 2000er Jahre gegen den sachlichen Fachkräftewiderstand Fallpauschalen für Kliniken und Praxen durch. Brutaler Kostendruck führte neben radikalem Betten- und Personalabbau und Dumping für Praxen zur Abwanderung der inländischen pharmazeutischen Produktion nach Indien und China, indem Kassen Rabatte forderten, um Erstattbarkeit zu gewähren, im ersten Quartal 2022 laut Statistik des Ministeriums 463 Millionen Euro. Nun hat der „Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe“ festgestellt – und hier folgt leider keine Satire –, daß „aus den vorliegenden Daten kein Rückschluß auf Lieferabriß“ ziehbar sei, da „kontinuierlich Arzneimittel in den Markt gebracht“ würden. Es kommt auch kontinuierlich Feuchtigkeit in die Wüste, dennoch ist es dort recht trocken. 

„Ein paar weniger Beiräte und etwas mehr einheimische Produktion wichtiger Arzneimittel!“ möchte man rufen und: „Schluß mit der Milliardenverschwendung für nicht funktionierende IT-Prestigeprojekte!“ Stattdessen hört man, der Minister Karl Lauterbach wolle einen Gesetzentwurf vorlegen. Man sei „mit der Ökonomisierung zu weit gegangen“. Zur Erinnerung: Lauterbach war seinerzeit Ulla Schmidts engster Berater, „Einflüsterer“ nannte ihn der Spiegel.