© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/22 - 01/23 / 23. Dezember 2022

Fleißbienchen im Kampf gegen Rechts
Bundesregierung: Nach den Razzien in der Reichsbürger-Szene erhalten alte Vorhaben neuen Auftrieb / Demokratiefördergesetz kommt
Christian Vollradt

Der erste mediale Pulverdampf nach den Razzien in der Reichsbürger-Szene (JF 51/22) hat sich inzwischen etwas gelegt. Politisch dagegen dürfte die ganze Sache weiterköcheln. 

Wobei es sich vor allem um das Wieder-Aufwärmen längst schon hinausposaunter Initiativen handelt. Die Kernelemente dabei sind (wie schon früher): das Waffenrecht verschärfen („die Rechtsextremen entwaffnen), ebenso das Disziplinarrecht („Verfassungsfeinde aus dem Staatsdienst entfernen“) und die „Zivilgesellschaft“ im „Kampf gegen Rechts“ stärken, sprich mehr Geld für Nichtregierungsorganisationen bereitstellen. 

Stichwort Waffenrecht: Dabei geht es nicht nur um die „Entwaffnung Rechtsextremer“, sondern auch um ein Verbot „halbautomatischer“ Waffen, die laut Innenministerin Nancy Faeser (SPD) niemand  „privat im Besitz haben“ haben müsse. Tatsächlich fallen unter diese Rubrik auch durchaus gängige Jagdgewehre, deren Besitz dann für alle bisher rechtmäßigen Eigentümer illegal wäre. Schon jetzt ist die Regelanfrage beim Verfassungsschutz vorgeschrieben – nicht nur für alle, die erstmals eine Waffenbesitzkarte beantragen, sondern auch bei deren turnusgemäßer Verlängerung. Das führt für die Betroffenen nicht nur zu langen Wartezeiten, sondern aufgrund der strengeren Maßstäbe auch dazu, daß Mitgliedern der AfD, die sich nichts weiter haben zuschulden kommen lassen, ihre waffenrechtliche Zuverlässigkeit abgesprochen wird. Mehr verwaltungsrechtliche Streitigkeiten sind programmiert. 

Daß das alles nur wiederaufgewärmt ist, räumte jüngst sogar eine Sprecherin des Inneministeriums ein. Das neue Waffengesetz werde in Kürze in die Ressortabstimmung gehen. Dort dürfte es mit den Einwänden von Justizminister Marco Buschmann (FDP) konfrontiert werden, der sich bereits öffentlich gegen eine erneute Verschärfung positioniert hat. Sein Sprecher diplomatisch: „Das ist dann Gegenstand der Gespräche in der Bundesregierung, die sicherlich wie immer konstruktiv ablaufen werden.“

Anlaß „für die jetzigen Änderungen“, so das Innenministerium, sei der Amoklauf von Hanau im Februar 2020 gewesen, „bei dem der Täter legal im Besitz von Waffen und offensichtlich auch psychisch krank war“. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Evaluierung aller „Waffenrechtsänderungen der vergangenen Jahre“ habe demnach noch gar nicht stattgefunden. 

Beamte und Soldaten  sollen leichter rausfliegen

Auch beim Thema Disziplinarrecht sind die Wünsche nach einer Verschärfung nicht wirklich neu. Angestrebt wird, daß Extremisten aus dem öffentlichen Dienst nicht mehr auf der Grundlage von Verwaltungsgerichtsverfahren, sondern per Verwaltungsakt entfernt werden. „Wir wollen nicht, daß Extremisten aus dem öffentlichen Dienst heraus unsere Demokratie gefährden können“, sagte Ministerin Faeser. Angekündigt hatte sie die Änderungen bereits im März (JF 10/22). Erleichterte Möglichkeiten zum Rausschmiß soll es auch bei der Bundeswehr geben. Mit „Hochdruck“ arbeite das Verteidigungsministerium an einem neuen Entlassungstatbestand für Soldaten, teilte eine Sprecherin des Hauses mit. Der solle an die fehlende Verfassungstreue und somit eine charakterliche Nichteignung anknüpfen. „Es wird also kein Dienstvergehen mehr erforderlich sein wie bisher, und damit wäre auch ein gerichtliches Disziplinarverfahren nicht mehr erforderlich.“

Beschlossen hat das Kabinett zudem nun auch das mit großem Tamtam angekündigte Demokratiefördergesetz. Das Ziel im Regierungssprech: „Projekte zur Förderung der Demokratie, zur Stärkung gesellschaftlicher Vielfalt sowie zur  Extremismusprävention verläßlich und bedarfsorientiert fördern zu  können“. Im Klartext: mehr Geld für den „Kampf gegen Rechts“. Mußten bisher in jedem Haushalt  staatliche Förderprogramme à la „Demokratie leben!“ des Familien- oder „Zusammenhalt durch Teilhabe“ des Innenministeriums neu beschlossen und gefüttert werden, besteht nun ein gesetzlicher Anspruch, daß die Mittel unters zivilgesellschaftliche Volk kommen. Dort darf man sich über neuen Geldsegen freuen. „Standen 2016 für die beiden größten Bundesprogramme ‘Demokratie leben’ und ‘Zusammenhalt durch Teilhabe’ noch 62,5 Millionen Euro bereit, sollen es im nächsten Jahr 212 Millionen Euro sein“, lobt sich die Regierung.