© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/22 - 01/23 / 23. Dezember 2022

Die Mitte soll es richten
Dänemark: Nach einer von Links tolerierten Minderheitsregierung sucht Premierministerin Mette Frederiksen ihr Heil in einer blocküberschreitenden Koalition
Christoph Arndt

Nach einem fast sechs Wochen langen Verhandlungsmarathon versprühte die alte und neue Premierministerin Dänemarks, Mette Frederiksen (Sozialdemokraten; S), Optimismus: „Wir werden unser Bestes geben und wir werden unser Bestes für unser Land tun. Es ist Zeit, zusammen zu arbeiten. Und wir in der neuen Regierung sind bereit, die Verantwortung für uns zu übernehmen. Danke für das Vertrauen! Es ist wieder eine Ehre, Dänemarks Premierminister zu sein.“

Es war der Sozialdemokratin gelungen, mit der rechtsliberalen Venstre (V), und den liberalen Moderaten (M), eine schlagkräftige Koalition zu schmieden. Die SVM-Regierung verfügt mit 89 Sitzen über eine Mehrheit im Folketing und erwartet Unterstützung durch einen oder mehrere nordatlantische Mandatare.

Jakob Ellemann-Jensen, Chef der rechtsliberalen Venstre, hatte im Gegensatz zu Sozialdemokraten und Moderaten noch vor der Wahl eine blocküberschreitende Koalition ausgeschlossen. Er schwenkte jedoch nach der Wahl um, als zu erkennen war, daß der bürgerliche Blaue Block keine parlamentarische Mehrheit zusammenbekommen würde. „In dieser Situation könnte man sich mit verschränkten Armen in die Ecke setzen, oder man kann, wie ich, versuchen, Einfluß zu erlangen“, erklärte der 49jährige Politiker gegenüber der Presse. Es handele sich um eine Reformregierung, die eine sehr ehrgeizige Regierungsgrundlage mit deutlichen Venstre-Einflüssen habe, die Dänemark in eine „viel bürgerlichere Richtung ziehen und unser Land reicher machen werde.

„Die Moderaten sind eine sechs Monate alte Partei, die auf der Idee gegründet wurde, eine Brücke über die Mitte zu bauen. Wir haben jetzt diese Brücke gebaut!“ jubilierte Lars Løkke Rasmussen. Der ehemalige Venstre-Ministerpräsident hatte die Moderate Partei gegründet, nachdem er mit seiner Partei im Streit über eine mögliche SV-Kooperation im Jahr 2019 gebrochen hatte. Doch von „offenen Rechnungen“ zwischen ihm und Venstre-Spitzenpolitikern ist derzeit nicht die Rede.

Am vergangenen Mittwoch, Punkt 12 Uhr, präsentierte Frederiksen gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern Ellemann-Jensen und Løkke Rasmussen auf Schloß Marienborg ihr Regierungsprogramm „Verantwortung für Dänemark“. 

 Zu den zentralen Punkten im Programm der neuen Regierung gehören: Senkung der Steuern für Geringverdiener und einige Vielverdiener; Einführung eines neuen Spitzensteuersatzes für diejenigen, die viel verdienen; Streichung des Großen Gebetstags (Store bededag) der an jedem 4. Freitag nach Ostern gefeiert wird; Schließung der Arbeitsämter, weil sie nicht wie gewünscht funktionieren; Erhöhung die Zahl der Erwerbstätigen bis 2030 um 45.000; Abbau der Bürokratie im öffentlichen Sektor; Erreichen der CO2-Neutralität bis 2045; Verstärkung der Verteidigung: Die Regierung will die Frist für die Erfüllung des Nato-Ziels, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, auf 2030 vorverlegen. 

Nicht abweichen will die SVM-Regierung von ihrer strengen Einwanderungspolitik. Parallel dazu will sie an ihrem Ziel festhalten, ein Zentrum für Asylbewerber außerhalb Europas einzurichten.