© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/22 - 01/23 / 23. Dezember 2022

Zeitschriftenkritik: WohligErlesen
Literarisches für die stillen Tage
Werner Olles

Winterliches – Weihnachtliches“ lautet das Titeltürchen der aktuellen Ausgabe (II/2022) der Literarischen Revue WohligErlesen. Auf über 80 Seiten bietet die Zeitschrift zwar nicht „für jeden etwas“, aber – frei nach Goethe – „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“ Beginnend mit dem alten Kärntner Adel entstammenden Lyriker, Romancier und Erzähler Rainer Maria Rilke (1875–1926), Privatsekretär und Freund des famosen Bildhauers Auguste Rodin, lobte die Neue Humboldt-Bibliothek Rilkes Lyrik als „die große Sehnsuchtsdichtung des 20. Jahrhunderts voll unerhörter Sprachmusik, feingliedrig in Empfindung, Gedanken und Sprachausdruck“, geht es weiter mit Hermann Löns (1866–1914), dem „Heidedichter“, dessen erster Kampfeinsatz im Frankreichfeldzug zugleich sein letzter war. Er war Protagonist der Natur- und Heimatschutzbewegung, nach seiner Selbsteinschätzung ein altmodischer Mensch, der romantische Balladen schrieb, während sein Herz bei Annette von Droste-Hülshoff und Liliencron war: „Nietzsche war mir nur interessant, da er so hübsch dunkel über die hellsten Sachen schrieb“.

Vom kalten Deutschland geht die „Reise in das Innere von Afrika“. In Auszügen der „Wanderjahre eines Naturforschers“ lesen wir über den Vogelkundler Ernst Hartert (1885), daß ihm zu zoologischen Betrachtungen keine Zeit blieb, da er am Fieber litt und die sonst wenig anstrengenden Märsche zur Qual wurden. „Der Wildnis verfallen“ war auch Professor Ernst A. Zwilling (vermutlich um 1928), doch auch hier schlug immer wieder das Fieber zu. Der Nobelpreisträger, Kulturphilosoph und Urwaldarzt Albert Schweitzer kam übrigens früh zu der Erkenntnis: „So paradox es klingt: man kann nirgends so leicht verhungern als in der üppigen Vegetation des wildreichen Urwalds Äquatorialafrikas.“ Weihnachten 1915 wird die Station von Termiten und Wanderameisen heimgesucht, die weder vor Hühnern noch Menschen haltmachen und nur durch den Einsatz von Lysol zur Strecke gebracht werden.

Nach ein paar originellen Buchempfehlungen für den weihnachtlichen Gabentisch versäumt WohligErlesen es auch nicht zwei der bekanntesten deutschen Schriftsteller und Künstler vorzustellen: Karl May, dessen wunderbares Buch „Weihnacht“ man ausdrücklich empfehlen kann, und Wilhelm Busch („Die Freude flieht auf allen Wegen, der Ärger kommt uns gern entgegen“). Zu guter Letzt zwei Ansichten bzw. Standpunkte: „Ich habe mich oft gefragt und keine Antwort gefunden, woher das Sanfte und Gute kommt“ (Gottfried Benn), „Der Triumph des Bösen besteht darin, daß die Guten nichts tun“ (Papst Pius XII.)

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