© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/22 - 01/23 / 23. Dezember 2022

Kabinenklatsch
Auf den Ball konzentrieren
Ronald Berthold

Natürlich habe das Ausscheiden nichts mit den politischen Spielchen zu tun, hieß es aus der Nationalmannschaft, nachdem die Vorrunde in Katar die Endstation war. Wer wie ich das Gegenteil behauptete, kam sich fast vor wie ein Verschwörungstheoretiker. Wenn sich Profifußballer nicht hundertprozentig auf den Sport konzentrieren, können sie kaum erfolgreich sein.

Jetzt scheint wenigstens einem Verantwortlichen zu dämmern, daß nach der Erdoğan-Affäre um Mesut Özil und İlkay Gündoğan vor vier Jahren und nun dem Diversity-Theater die Politisierung des deutschen Fußballs ein Ende haben muß. Mit drei Wochen Abstand sagte Bundestrainer Hansi Flick, er wolle „den Fokus wieder auf den Fußball lenken“. Hört, hört! Wer eine solche Selbstverständlichkeit betont, macht klar, daß es eben nicht um Fußball ging. 

Wie tief die Einmischung der Politik vorangeschritten ist, verdeutlicht auch Flicks nächster Satz: „Das Fußballspielen ist unsere Aufgabe – es wäre schön, wenn man uns das zugesteht. Für die Politik sind andere ausgebildet.“ Mit solchen Aussagen verbrennt man sich schnell den Mund. Das tat der Trainer: „Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sinngemäß gesagt, ‘der Fußball wird zu sehr politisiert. Unsere Spieler sollen sich auf Fußball konzentrieren. Politik mach ich’. Das wäre ein gutes Zeichen gewesen, auch für uns.“

Die Frage ist, wie sehr Politik und DFB-Führung – immerhin war Präsident Bernd Neuendorf jahrzehntelang SPD-Funktionär – diesen Hilferuf ernst nehmen. Wer weiß, welche Themen 2024 „woke“ und „en vogue“ sind und wofür die Nationalelf bei der Heim-EM Reklame laufen muß.