© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/23 / 13. Januar 2023

Ländersache: Hamburg
Gegen Gaga an der Alster
Christian Schreiber

Die Forderung von Sabine Mertens ist eindeutig: „Schluß mit der Gendersprache in Verwaltung und Bildung“, lautet der Name der von ihr ins Leben gerufenen Volksinitiative in Hamburg. Mertens ist auch Vorstandsmitglied im Verein „Deutsche Sprache“. Die Autorin hatte vor einiger Zeit vor dem Landgericht Hamburg gegen ihren Verlag geklagt, der in einem ihrer Texte aus einem „Zeichner“ ohne sie zu fragen eine „zeichnende Person“ gemacht hatte. Der Verlag lenkte daraufhin ein. 

Aus Mertens’ Sicht setzen Politik, Unternehmen und viele öffentlich-rechtliche Medien das Gendern gegen den Bürgerwillen durch. Und wer wie sie die „Muttersprache“ sprechen wolle, werde „diskreditiert und in die rechte Ecke gestellt“. Als Betroffene spricht sie von einer „ideologisch extremen Propagandasprache“, ja von „quasireligiösem Terror“. Die Politik müsse einen „Schlußstrich ziehen“ und sagen: Gendern sei ein Fehler gewesen, man kehre nun zurück zur „Standardsprache“, lautet ihr Credo. 

Sollte Hamburgs Wahlleiter„grünes Licht“ geben, kann die Initiative ab Anfang Februar in einem ersten Schritt 10.000 Unterschriften sammeln.Mutmaßlich frühestens zur Bürgerschaftswahl im Frühjahr oder Bundestagswahl im Herbst 2025 könnte, sofern weitere formale Hürden genommen wurden, über ein Aus für die Gendersprache bei einer Volksabstimmung abgestimmt werden. Es gibt aber auch die Möglichkeit, daß die Bürgerschaft das Volksbegehren vorher annimmt. 

„Die Abstimmung gewinnen wir – 100 Prozent“, gibt sich Mertens zuversichtlich. Erwartungsgemäß ist das politische Echo gespalten. „Wir lehnen es ab, den Menschen eine grammatikalisch falsche Sprache aufzuzwingen“, meinte der CDU-Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Dennis Thering. Der Senat solle dem Spuk sofort ein Ende setzen. Auch die AfD begrüßt die Volksinitiative und verweist darauf, als einzige Fraktion bereits 2018 – erfolglos – in der Bürgerschaft einen Antrag „gegen den unsinnigen Genderwahnsinn“ vorgelegt zu haben. Es sei daher „heuchlerisch“, wenn nun Union und FDP, die den Antrag der AfD seinerzeit abgelehnt hatten, nun auf den Zug aufsprängen, kritisierte der Fraktionsvizechef und kulturpolitische Sprecher Alexander Wolf. Die stellvertretende Fraktionschefin der Hamburger Grünen, Lena Zagst, sagte dem Hamburg Journal: „Gendersensible Sprache ist durchaus wichtig, weil es darum geht, Frauen und Personen, die sich als nicht binär einordnen, sichtbarer zu machen.“ Die SPD-Abgeordnete Gabi Dobusch glaubt, daßs immer mehr Menschen eine geschlechtssensible Sprache nutzten. Dieses Anliegen teile die SPD. 

Widerspruch erfolgt vom Landesfrauenrat Hamburg: „Gendersensible Sprache ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichstellung, sagte Vorstandsmitglied Christina Maria Huber: „Nichtgegenderte Sprache ist rein männlich und läßt alle Frauen verschwinden. Allerdings ist Gleichstellung weit mehr als nur gendersensible Sprache. Oft wird eine Stellvertreterdebatte geführt, und zwar von jenen, die von dringlicheren Problemen ablenken wollen, so Huber.