© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 8/23 / 15. Februar 2023

Offline sprechen unerwünscht
Mehrere deutsche Städte canceln geplante Auftritte des umstrittenen Historikers Daniele Ganser
Gil Barkei

Seinem Youtube-Kanal folgen knapp 300.000 Abonnenten. Im Netz ist der Historiker und Buchautor Daniele Ganser ein kleiner Star  und gehört zu den umstrittensten Kritikern der Corona-Maßnahmen, der USA, der Nato und des westlichen Engagements im Ukraine-Kriegs. Doch offline soll der Leiter des Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) nicht ausführlich zu Wort kommen. Zumindest nicht an mehreren Veranstaltungsorten in Deutschland, für die in den kommenden Monaten eigentlich Auftritte geplant waren. So hat die Dortmunder Westfalenhalle eine Zusammenarbeit für den 27. März gestrichen, nachdem sich die Stadt als Gesellschafter und mehrere Parteien in der Ratssitzung dagegengestemmt hatten. Vertreter von Grünen, Linken, CDU sowie SPD-Oberbürgermeister Thomas Westphal hatten sich gegen einen Auftritt ausgesprochen. Die Vorwürfe, die dabei aus Medien, Politik und Initiativen immer wieder laut werden: Ganser sei ein antisemitischer „Verschwörungsmythologe“ und „Verschwörungsunternehmer“.Vorausgeeilt als Cancel-Beispiel war Nürnberg, wo Anfang des Monats ein für den 10. Mai in der Meistersingerhalle geplanter Auftritt des Schweizers abgesagt wurde, da Oberbürgermeister Marcus König (CSU) entschieden hatte, den Vertrag mit Gansers Agentur zu kündigen. Zuvor hatte der Bayerische Antisemitismusbeauftrage Ludwig Spaenle (CSU) Ganser als „Agitator“ im „Dunstfeld der gängigen Verschwörungstheorien“ bezeichnet. Damit steigt auch auf Leinfelden-Echterdingen der Druck. In der Filderhalle der kleinen Stadt bei Stuttgart möchte Ganser ebenfalls sprechen. Das Bündnis „Solidarität statt Hetze“ hat sich allerdings wie die Vorstandsvorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, Barbara Traub, dagegen ausgesprochen. Bisher pochte die Stadtverwaltung auf die Meinungsfreiheit, doch im Gemeinderat wächst angesichts der einprasselnden Kritik der Unmut.


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