© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/23 / 03. März 2023

Beziehungen zu Syrien und Assad
Berlin verschließt die Augen
Curd-Torsten Weick

Das Eis in der Wüste bricht und der Westen schläft? Nach den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain, knüpften im Zuge der Erdbebenhilfe auch Oman und Ägypten wieder zarte Bande gen Syrien, das zahlreiche Staaten zehn Jahre gemieden hatten wie der Teufel das Weihwasser. Nun werden Schwüre über die historischen, „brüderlichen“ Beziehungen der Araberstaaten zu Assad ausgetauscht. Hände geschüttelt. Dem nicht genug. Selbst der saudische Außenminister Prinz Faisal bin Farhan Al-Saud betont, daß in der arabischen Welt ein Konsens darüber bestehe, daß die Isolierung Syriens nicht funktioniere und daß ein Dialog mit Damaskus „irgendwann“ notwendig sei, um zumindest humanitäre Fragen, einschließlich der Rückkehr von Flüchtlingen, zu klären.

„Die ‘Erdbebendiplomatie’ wird wahrscheinlich dazu dienen, die Wiedereingliederung des syrischen Regimes in die diplomatische Schar der arabischen Welt zu beschleunigen“, erklärt Giorgio Cafiero, Chef des US-Thinktanks Gulf State Analytics. Doch Wa-shington, Brüssel und Berlin halten nichts von solch Diplomatie. Als gebe es die Flüchtlingsproblematik nicht, schließen sie die Augen und setzen weiter auf die strikte Isolierung des „Assad-Regimes“. Akribisch achtet Berlin auf seine Wortwahl, betont, daß man in Syrien den „Menschen in Not“ helfe. Als gäbe es Assad nicht. „Sprechen ist Kern von Diplomatie“, verkündet Außenministerin Annalena Baerbock und macht genau das Gegenteil.