© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/23 / 10. März 2023

Blick in die Medien
Schwarm bunter Power-PoCs
Gil Barkei

Mit „Der Schwarm“ hat Frank Schätzing 2004 einen Bestseller veröffentlicht, der nur so vor Ökologie, Technologie, aber auch Science- fiction strotzt. In dem Thriller, in dem eine bisher unbekannte Tiefseeintelligenz zusammen mit den unterschiedlichsten Meeresbewohnern die Menschen angreift, verbindet der heute 65jährige Naturwissenschaften, Kritik am Raubbau an der Natur, indigene Völker und ihre (spirituelle) Beziehung zur Tierwelt sowie sogar den geopolitischen Größenwahn der USA – allerdings ohne dabei zu sehr den erhobenen moralischen Zeigefinger zu schwingen.

Nun hat das ZDF aus dem lange als unverfilmbar geltenden Buch eine achtteilige Serie mit internationaler Beteiligung und Besetzung gemacht, die am Montag im TV angelaufen ist. Der Zeitpunkt, um das Thema „Die Natur schlägt zurück“ in Szene zu setzen, könnte angesichts woker Untergangsstimmung zwischen „Fridays for Future“ und „Letzter Generation“ kaum passender sein. Und leider merkt man das dem aktivistisch anmutenden Projekt an.

Männerfiguren sind im Film plötzlich weiblich, Hauptcharaktere dunkelhäutig.

Nebencharaktere im Buch, solange sie weiblich sind, werden genüßlich zu feministischen Role-Models aufgebläht. Männer haben dagegen im Drehbuch plötzlich das andere Geschlecht als in der Vorlage: Aus dem Kieler Institutsleiter Bohrmann wird so beispielsweise Professorin Lehmann, und der Molekularexperte Bernard Roche wandelt sich zur Ärztin Cécile Roche. Und natürlich müssen weiße Hauptfiguren wie der Biologe Sigurd Johanson, die Weltraumforscherin Samantha Crowe oder die bunte dazuerfundene Riege der typisch jungen und feierwütigen Studenten People of Color sein – Liebesgeschichten inklu.

Dennoch kann der stark vereinfachte Plot bei Zuschauern, die das komplexe Buch nicht kennen, durchaus eine gewisse Spannung entwickeln, die jedoch visuell oft enttäuschend aufbereitet wird. Viele (vor 20 Jahren sehnsüchtig erwartete) Spezialeffekte, insbesondere bei den Szenen auf dem Wasser, wirken billig und vermitteln Studio-Atmosphäre. Auch Schätzing meint in der Zeit: „grundfalsch“, „zusammengeschusterter Unsinn“, „rühr- und redseliges Beziehungskisten-TV“, in dem „es mehr pilchert, als es schwärmt“.