Am Kasernentor im niedersächsischen Achim, südlich von Bremen, haben sie sich einst um ein paar Jahre verpaßt – um so häufiger werden sie sich nun im repräsentativen Dienstsitz des Ministeriums im Berliner Bendlerblock begegnen: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und sein neuer Generalinspekteur Carsten Breuer. Als der vergangenen Freitag zum höchsten deutschen Soldaten Beförderte nämlich 1984 mit 19 Jahren seine Bundeswehr-Karriere beim Flugabwehrregiment 11 begann, hatte der vier Jahre ältere Pistorius, der zuvor in derselben Einheit Wehrdienst tat, die Steuben-Kaserne längst schon Richtung Studium verlassen. Breuer dagegen blieb beim Bund, durchlief die Offiziersausbildung an der Heeresflugabwehrschule in Rendsburg und studierte Pädagogik an der Bundeswehruniversität in Hamburg.
Ersten typischen Verwendungen – Zugführer, Jugendoffizier, Batteriechef – folgten jene, die den Sauerländer für höhere militärische Weihen empfehlen: die Generalstabsausbildung nicht nur an der Führungsakademie, sondern auch im amerikanischen Fort Leavenworth. Kommandos in der Truppe wechseltn sich ab mit Stationen im Ministerium, dazu die obligatorischen Auslandseinsätze: 2003 im Kosovo, 2014 in Afghanistan. Zudem verfaßte der Vater von drei Kindern maßgeblich das Weißbuch zur Sicherheitspolitik und Zukunft der Bundeswehr mit. Soldaten, die Breuer kennengelernt haben, schildern ihn als freundlich-zugewandten, aber auch durchsetzungsstarken Vorgesetzten, der von Untergebenen viel verlange, ein hohes Tempo voraussetze und keine Ausreden, kein „Rumgeeiere“ dulde.
Die Ampel hatte noch nicht zu regieren begonnen, schon holte man den Krisenmanager in Flecktarn ins Kanzleramt.
Die große Stunde des Logistik-Experten kam in einer für das Land besonders dunklen: Als Befehlshaber des „Kommandos Territoriale Aufgaben“ entsandte Breuer während der Corona-Pandemie seine Soldaten in überforderte Gesundheitsämter und Impfzentren. Die Ampel hatte noch nicht zu regieren begonnen, da holte Olaf Scholz den Flecktarn-Krisenmanager ins Kanzleramt. Der vierte goldene Generalsstern dürfte auch der Lohn für diesen Einsatz sein; analog zum „Helden der Oderflut“ Hans-Peter von Kirchbach, der 1999 zum „GI“ ernannt wurde.
Damit die vielbeschworene Zeitenwende keine Floskel bleibt, hat Breuer jetzt eine Menge zu tun. Aus der sogenannten „Armee im Einsatz“, die sein Vorgänger Eberhard Zorn verkörperte, muß er wieder eine Truppe machen, die zur Landes- und Bündnisverteidigung fähig ist. Als mögliche Hürde, an der auch der neue Spitzenmilitär scheitern könnte, nennen Insider das Beschaffungswesen: Wuchernde Doppelstrukturen in der Verwaltung und Reibereien zwischen den wichtigsten deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall und KMW könnten dem General noch viel Kopfzerbrechen bereiten.
Das Flugabwehrregiment, in dem Breuer das Soldatenhandwerk erlernte, wurde keine zehn Jahre später aufgelöst; es war die Zeit der großen Abrüstung, der „Friedensdividende“. Wer sollte das Heer schon aus der Luft bedrohen? Nun, da der Rekrut von einst die höchste Sprosse der Karriereleiter erklommen und vier Sterne auf der Schulter hat, sind auch die „Geparden“, die damals in Achim stationierten, zwischenzeitlich eingemotteten Flugabwehrpanzer, dank Putins Krieg wieder heißbegehrt. So schließt sich der Kreis, und man könnte das fast für ein Menetekel halten.