© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/23 / 24. März 2023

Bremer Stadtdilettanten
AfD: Weil die zerstrittenen Lager zwei Listen einreichen, darf die Partei nicht zur Wahl antreten
Christian Vollradt

Eins und eins macht keins. Das ist zwar mathematisch nicht korrekt, beschreibt aber politisch zutreffend die Lage der AfD vor der Bürgerschaftswahl in Bremen. Denn nachdem im Namen der Partei zwei unterschiedliche Listenvorschläge eingereicht worden waren (JF 11/23), hat der zuständige Wahlbereichsausschuß am vergangenen Freitag einstimmig beschlossen, keinen der beiden zuzulassen. Damit darf – nach jetzigem Stand – die AfD in der Stadt Bremen nicht bei der Bürgerschaftswahl am 14. Mai antreten. 

Hintergrund des Debakels ist die totale innerparteiliche Zerrüttung des Landesverbands an der Weser. Dort hat sich neben dem Vorstand mit dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Sergej Minich an der Spitze ein selbsternannter „Notvorstand“ um die Bürgerschaftsabgeordneten Heinrich Löhmann und Frank Magnitz gebildet, die nach ihrem Austritt aus der AfD-Fraktion als Gruppe im Landesparlament firmieren. Ein Landesschiedsgericht hatte diesen Notvorstand als allein vertretungsberechtigt bezeichnet. Allerdings ist dieses Schiedsgericht wiederum nach Darstellung des amtierenden Landesvorstands unter Minich gar nicht ordentlich gewählt worden. Nachdem ein Mitglied des Bundesschiedsgerichts den Bremer Schiedsspruch bestätigt hatte, erwirkte Minich am Freitag ein sogenanntes Anerkenntnisurteil des Landgerichts Berlin, das der JUNGEN FREIHEIT vorliegt. Darin erkennt der Bundesvorstand der AfD an, daß der im Mai 2022 gewählte Vorstand beschlußfähig ist und den Bremer Landesverband allein vertritt.  

Die für die Hansestadt zuständige Wahlbereichsleiterin, Carola Janssen, hatte unterdessen eine Prüfung „mit dem Ziel, festzustellen, wer der rechtmäßige Vorstand sein könnte, und diesen zuzulassen oder zurückzuweisen“ abglehnt, da dies „zugleich zu einer Feststellung der innerparteilichen Organisation führen und daher verfassungsrechtlich unzulässig“ sein würde. Einen kleinen Erfolg konnte die Gruppe um den stellvertretenden Landesvorsitzenden Minich in Bremerhaven erzielen. Für den dortigen Wahlbereich wurde seine Liste zur Landtagswahl zugelassen. Vorübergehend zumindest. Denn nachdem bekannt wurde, daß die konkurrierende Löhmann-Magnitz-Fraktion für die dortige Kommunalwahl eine Liste eingereicht hat, kündigte Bremerhavens Wahlbereichsleiter eine erneute Prüfung an. 

Hinter den Kulissen schütteln viele in der AfD nur noch den Kopf über die Parteikollegen in Bremen. Äußerst peinlich sei das alles, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Der Bundesvorstand legte gegen die Nichtzulassung der Partei Beschwerde beim Landeswahlausschuß ein. Zudem habe man ein Parteiausschlußverfahren gegen zwei Mitglieder eingeleitet, die die Liste des Notvorstandes um Löhmann unterstützen, teilte Bundesvorstandsmitglied Carlo Clemens mit. 

Warum die Parteispitze nicht früher gegen die Quertreiber an der Weser eingeschritten ist, fragen sich einige in der Partei. Den Verband dort habe man bereits aufgegeben, die Wahl im kleinen Stadtstaat faktisch abgehakt, sind manche überzeugt. Freuen könnte das die Konkurrenz von den vor Ort schon etablierten Bürgern in Wut (BiW), die dank ausreichender Prozente in Bremerhaven in der Bürgerschaft vertreten sind.