Modern und sächsisch“, so lautet nicht etwa der Slogan einer in den drei „sächsischen“ Bundesländern erscheinenden Tageszeitung, sondern der wöchentlich in Siebenbürgen am Kiosk liegenden Hermannstädter Zeitung, deren 55. Geburtstag gerade begangen wurde. Die HZ stehe für Vertrauenswürdigkeit und Themenvielfalt, vor allem aber habe sie immer Menschen um sich versammeln können, die es ihr ermöglichten, „am Puls der Zeit zu bleiben, ohne an Qualität einzubüßen“, verrät die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ) das Erfolgsrezept der Hermannstädter. Selbst indirekt aus dem 1949 gegründeten Neuen Weg entstanden, ist die ADZ mit der beigelegten Karpatenrundschau bzw. Neuen Banater Zeitung heute die einzige deutschsprachige Tageszeitung in Mittel- und Osteuropa. Und damit wie die anderen deutschsprachigen Zeitungen, Magazine, Internetportale, Radio- und Fernsehsendungen im Ausland ein wichtiger Mittler zwischen den Kulturen sowie zwischen dem Erscheinungsland und Deutschland.
Eine ähnliche Bedeutung wie die ADZ haben wohl bloß noch die wöchentlich erscheinende Budapester Zeitung und die Prager Zeitung, die allerdings seit 2016 nur noch im Internet publiziert. Dazu kommt noch das sowohl gedruckt als auch online erscheinende Landesecho, „Das Magazin der Deutschen in der Tschechischen Republik“. Im polnischen Oberschlesien haben die in ihrer Heimat gebliebenen Deutschen dank finanzieller Unterstützung des Bundes mit dem Wochenblatt eine zweisprachige Zeitung, die die Probleme der angestammten deutschen Bevölkerung im zunehmend nationalistischen Polen recht mutig zu benennen wagt.
Das Erscheinen dank
Förderern sichergestellt
Deutschsprachige Zeitungen, die in unterschiedlichen Rhythmen erscheinen, gibt es auch in Spanien, der Türkei, Griechenland, Frankreich und Dänemark, selbst in Kasachstan, Malaysia, Thailand und Chile. Für Bundesdeutsche interessante Informationen aus Rußland liefern das Monatsheft Königsberger Express, die mit 25.000 Stück vergleichsweise auflagenstarke Moskauer Deutsche Zeitung und die zweisprachige Sibirische Zeitung.
In Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwest, hält sich wacker die Allgemeine Zeitung mit rund 5.300 Exemplaren. Auf die doppelte Auflage bringt es im fernen „Down under“ Die Woche Australien. In den USA, einst Haupteinwanderungsziel der Deutschen, existiert noch die Amerika Woche und im benachbarten Kanada mit mehr als 3,2 Millionen Menschen deutscher, österreichischer und Schweizer Abstammung das zweiwöchentlich mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren veröffentlichte Journal und der Albertaner, die Stimme der Deutsch-Kanadier in Alberta – aktuell mit einem Beitrag unter der Überschrift „Der Weg zurück“ über Möglichkeiten, die deutsche Staatsbürgerschaft zurückzubekommen.
Aber nicht nur derart wichtige Informationen enthalten deutschsprachige Medien im Ausland, sie vermitteln auch neue politische Sichtweisen und bereichern mit „Sprachkontaktphänomenen“. Diese beschreibt Csaba Földes, der in einem Projekt die deutsche Mediensprache im Ausland am Beispiel der deutschen Minderheitenpresse in Mittel- und Osteuropa untersucht hat. Im Interview mit der Prager Zeitung sagt er über die Moskauer Deutsche Zeitung: „Alles ist zwar in Deutsch geschrieben, doch das Sprachkonzept bzw. die Bildlichkeit entstammt aus einer anderen Sprache. Weshalb ein Deutscher in Deutschland sagen würde: So kann man das nicht ausdrücken, obwohl es korrektes Deutsch ist.“
In Israel existieren heute mindestens zehn Publikationen in der Muttersprache der Jeckes, darunter drei Zeitschriften und mehrere Mitteilungsblätter oder Jahrbücher, sowie diverse Internetseiten und zwei Fernsehsendungen, teilt das Israelnetz-Magazin mit. Die Zeitung Israel-Nachrichten mußte dagegen als gedruckte Ausgabe 2011 ihr Erscheinen einstellen, und die kurz danach gegründete Netzseite wird seit 2021 nicht mehr aktualisiert.
Mehr Glück hatte die Kaukasische Post als „Deutsche Monatszeitung aus dem Südkaukasus“. Hier konnte die Redaktion gerade ihren Lesern mitteilen, daß die KaPost dank Sponsoren und Förderern in Georgien und Deutschland 2023 sechsmal erscheinen wird. Auch der Transport der Printausgabe von Tiflis, wo sich als neuer Herausgeber die Firma „KaPost LLC“ registriert hat, nach Deutschland sei gesichert.
In Südamerika reichte dafür die Kraft nicht mehr. Das am 29. April 1889 erstmals erschienene Argentinische Tageblatt, ausgezeichnet mit dem Medienpreis „Dialog für Deutschland“, mußte kürzlich für immer Abschied von seinen Lesern nehmen. Die Auflage war geschrumpft, die Anzeigen stark zurückgegangen, weil viele deutsche Firmen inzwischen Geschäftsführer haben, die kein Deutsch sprechen und örtliche einst deutsche Unternehmen längst zu multinationalen Konzernen mutiert sind, die der Erhalt einer deutschsprachigen Zeitung nicht interessiert. Eigentümer Juan Alemann beendet seinen letzten Leitartikel traurig, aber im besten Deutsch: „Es geht alles zu Ende, es geht alles vorbei. Auch das Argentinische Tageblatt. Jetzt ist Schluß.“