© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/23 / 21. April 2023

Zitate

„Macht sich eigentlich irgendeiner der gegenwärtigen Verwalter von Außenpolitik klar, was für ein Gesichtsverlust es für den Westen bedeutete, wenn er morgen mit dem Wladimir Putin verhandeln würde, den er gestern noch in Haft bringen wollte? Oder würde man Bitten um Gespräche aus dem Kreml mit der Forderung ablehnen, erst müsse der russische Präsident abgesetzt und nach Den Haag überstellt werden? In einer Kriegslage wie der gegenwärtigen auf reiner Moral zu bestehen, könnte an sich schon die unmoralischste aller Handlungen sein oder werden. Die ‘geschulte Rücksichtslosigkeit des Blicks in die Realitäten des Lebens’ – auch das ist eine verlorengegangene Fertigkeit. Kissinger besaß sie. (…) Wo ist die Art der Diplomatie geblieben, die der anderen Seite etwas bietet und ihr sagt, was geht und was nicht?“

Jacques Schuster, Chefkommentator und Historiker, in der „Welt“ vom 13. April





„Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, wir könnten globale Abhängigkeiten schnell und nachhaltig reduzieren. Das wird nicht funktionieren, und wenn wir es versuchen, dann wird Deutschland der größte Verlierer sein, denn wir sind mit der Offenheit unserer Volkswirtschaft viel abhängiger von globalen Lieferketten als die meisten anderen.“

Marcel Fratzscher, Politikberater und Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, im „Handelsbatt“ am 13. April





„Die reaktionäre Wurzel der Atomkritik ist letztlich auch das kulturelle Geheimnis des deutschen Atomausstiegs: Die von den Grünen zum Parteikern erhobene Antimoderne, die von ihrem progressiven bürger- und gender-rechtlichen Trendsetting nicht kompensiert wurde, die war eben anschlußfähig bis tief ins bürgerliche politische Lager, insbesondere dessen christlich geprägten Teil. Das ermöglichte es Angela Merkel 2011, ohne Parteirevolte den technokratisch-unternehmerischen Flügel der Union zu düpieren und den Atomausstieg durchzuziehen. Kurz, die Atomkraft mußte nicht gehen, weil sie technisch gescheitert ist, sondern weil sie diskursiv gescheitert ist.“

Anna Veronika Wendland, Technik- und Osteuropahistorikerin, auf der Plattform „Salonkolumnisten“ am 13. April





„Das Ausmaß, in dem verschiedene Regierungsbehörden tatsächlich vollen Zugang auf alles hatten, was bei Twitter vorging, hat mich umgehauen. Das war mir vorher nicht bewußt.“

Elon Musk, Twitter-Chef, im Interview bei Tucker Carlson auf „Fox News“ am 17. April





„Die Ost-West-Kluft in Europa ist so groß wie seit Jahrzehnten nicht mehr – und dies wird auch in absehbarer Zukunft so bleiben. Letztendlich hat Westeuropa ein großes Interesse daran, seine Abhängigkeit von den USA und der Nato zu verringern, eine diplomatische Lösung des Konflikts zu finden und, wie Macron argumentierte, die Sicherheits- und Wirtschaftsbeziehungen zu Rußland zu normalisieren. Mittel- und Osteuropa hingegen hat allen Grund, sich vor Rußland zu fürchten und engere Beziehungen zu den USA und der Nato zu bevorzugen. Es ist daher schwer vorstellbar, wie die Interessen und Bestrebungen der beiden Teilblöcke jemals miteinander in Einklang gebracht werden könnten, insbesondere im Kontext der EU-Politik. Wenn Länder wie Frankreich es mit der ‘strategischen Autonomie’ ernst meinen, müssen sie wohl einen Alleingang wagen.“

Thomas Fazi, Essayist, beim britischen Online-Magazin „unherd“ am 17. April