© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/23 / 21. April 2023

Ländersache: Hamburg
Tollerort wird aufgerollt
Peter Freitag

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat den Terminal Tollerort im Hamburger Hafen als „kritische Infrastruktur“ eingestuft. Schon im Januar war das erfolgt, allerdings wurde die Sache erst jetzt durch Recherchen mehrerer Medien bekannt. Die sogenannte  Kritisverordnung sieht vor, solche Einstufungen vertraulich zu behandeln. 

Damit ist der eigentlich schon vereinbarte Einstieg des chinesischen Logistikunternehmens Cosco wieder offen. „Da sich die Voraussetzungen geändert haben, prüfen wir als Wirtschaftsministerium in unserem Zuständigkeitsbereich die Auswirkungen auf den Gesamtsachverhalt“, hatte eine Sprecherin von Robert Habeck (Grüne) vergangene Woche sehr allgemein bekanntgegeben. Mit anderen Worten: Das Thema steht damit auch in der Berliner Ampelkoalition erneut auf der Tagesordnung. Dort hatte man im Oktober vergangenen Jahres eine Kompromißlösung gefunden und dem chinesischen Staatskonzern den Erwerb eines Anteils von lediglich unter 25 Prozent erlaubt. Nun muß auch dies neu bewertet und entschieden werden. Ursprünglich wollten die Chinesen mit einer Beteiligung von 35 Prozent einsteigen. Der deutsche Wirtschaftsminister sowie andere Kabinettskollegen hätten geplante Beteiligung diesem liebsten komplett untersagt. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz – einst Erster Bürgermeister der Hansestadt – drängte darauf, Cosco den Einstieg an dem Hamburger Hafenterminal zu ermöglichen.

Daß der China-Deal erneut auf den Prüfstand kommt, sei jetzt das Mindeste, heißt es aus der AfD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft. Die Kommunistische Partei Chinas dürfe keine „Kontrolle über Teile unseres Hafens“ bekommen, ist ihr hafenpolitischer Sprecher, Krzysztof Walczak, überzeugt. Die Oppositionspartei kritisiert zudem, daß „trotz der globalen Entwicklungen leider keine Bemühungen von Olaf Scholz und Peter Tschentscher erkennbar sind, deutsche oder europäische Alternativen zu einem chinesischen Einstieg zu erwägen“.

Bereits im vergangenen November hatte die AfD einen Gesetzesantrag eingebracht, mit dem eine „angemessene und frühzeitige Unterrichtung der Bürgerschaft durch den Senat bei der vollständigen oder teilweisen Veräußerung kritischer Infrastruktur, die von der Freien und Hansestadt Hamburg kontrolliert wird“, vorgesehen wäre.  

Auch die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Gyde Jensen, plädierte dafür, eine Beteiligung der Chinesen komplett zu untersagen. Man müsse schließlich bedenken, daß Peking auch an weiteren der umschlagsstärksten europäischen Häfen wie Rotterdam, Antwerpen, Valencia und Piräus beteiligt sei. China ist für den Hamburger Hafen der wichtigste Handelspartner. Ein Drittel aller dort umgeschlagenen Waren kommt aus dem Reich der Mitte oder geht dorthin.

Die nun bekanntgewordene Einstufung als kritische Infrastruktur bdeutet indes nicht, daß damit der Einstieg der Chinesen beim Hamburger Containerterminal automatisch vom Tisch ist. Bereits in der Vergangenheit hatte der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, gewarnt, China scheue sich nicht, solche Beteiligungen für seine nationalen Interessen einzusetzen.