Mein Beitrag in der JUNGEN FREIHEIT „Am Goldenen Faden – Die globale Finanzindustrie als Treiber der Klimapolitik“ (JF 22/23) hat ein vielfältiges Echo gefunden. So reagierte der „Rechtsextremismus-Experte“ Volker Weiß in der Süddeutschen Zeitung unter dem Titel „Die Angst vor der grünen Internationalen“. Der Beitrag zeigt vor allem eins: die Angst vor der AfD, vor dem Verlust der Deutungshoheit und der Entzauberung der grünen Ideologie.
Weil Weiß die beschriebenen Beziehungen zwischen Finanzindustrie und Klimapolitik nicht widerlegen kann, wirft er mit Kampfbegriffen wie „Antisemitismus“, „Verschwörungstheorie“ und „antikapitalistischer Rhetorik“ um sich, ohne seine kruden Unterstellungen zu belegen. Seine Antwort verdient Beachtung als Dokument der politischen und geistigen Hilflosigkeit.
Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem dargestellten Beziehungsgeflecht beschränkt sich in einer Aufzählung von Allgemeinplätzen wie dem, daß eben „Weltkonzerne vielfältige Kontakte“ pflegen. Das mündet in dem in seiner Einfachheit erstaunlichen Satz: „Eine Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen und der Wissenschaft wie die von Storch angeprangerte Climate Finance Partnership dient neben der Imagepflege daher auch eigenen Interessen.“
Weiß scheint nicht bewußt zu sein, daß er mit der Aussage lediglich bestätigt, was kritisiert wurde, denn natürlich folgen Blackrock & Co. bei der Unterstützung der Klimabewegung ihren eigenen harten wirtschaftlichen Interessen. Der Punkt ist: Dieses Bestreben steht im krassen Gegensatz zu dem der Bevölkerung, die für die Klimapolitik zur Kasse gebeten wird.
Sein zweites Argument gegen den Einfluß von Blackrock lautet, daß der früher Aufsichtsrat des deutschen Ablegers Friedrich Merz (CDU) auf einen „Anti-Grünen-Kurs eingeschwenkt“ sei. Das ist nicht passiert. Die Union setzt sich nicht für Kernkraft ein, nicht für die Revision der Klimaziele, und in der Graichen-Affäre hat sich Merz bedeckt gehalten. Wenn Friedrich Merz die Gelegenheit bekommt, mit Grün zu regieren, wird er das tun.
Da Weiß also substantiell zum Thema nichts beizutragen hat, schwurbelt er von „antisemitischen Zerrbildern.“ Weiß selbst ist Fellow am Zentrum für Antisemitismusforschung, das sich öffentlich hinter die antisemitische BDS-Bewegung stellt, die zum Boykott Israels aufruft und mit den islamistischen Terrororganisationen Hamas und Hisbollah kooperiert. Auf der Suche nach Antisemitismus würde Weiß also in seinem eigenen links-akademischen Umfeld leichter fündig werden.
Stattdessen laufen Weiß’ absurde historische Analogien und anrüchigen Unterstellungen auf die stupide Behauptung hinaus, daß jeder Hinweis auf den Einfluß der Finanzindustrie „antisemitisch“ sei, obwohl die Akteure dort allen möglichen Nationen und Religionen angehören. Christopher Hohn, der größte Spender von „Extinction Rebellion“, ist ein Agnostiker, dessen Eltern aus Jamaika nach England eingewandert sind. Bill Gates’ Familie gehörte der protestantisch-reformierten Richtung an, und seine Frau Melinda ist bekennende Katholikin, was sie nicht daran hindert, Abtreibungen zu fördern.
Das hat im Weltbild von Weiß aber ebensowenig Platz wie die unbestrittene Macht von Blackrock: „Blackrock: Ein Geldkonzern auf dem Weg zur globalen Vorherrschaft“, titelte der Tagesspiegel. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb: „Einem Kraken ähnlich, beeinflußt Blackrock über seine Beteiligungen nicht nur fast alle Aktiengesellschaften rund um den Erdball, sondern mischt auch noch als Berater bei Aufsichtsbehörden und Notenbanken mit.“ Im Juni 2022 veröffentlicht der öffentlich-rechtliche Kultursender Arte eine Dokumentation über „Blackrock: Die unheimliche Macht eines Finanzkonzerns“. Der Publizist Jens Berger von den „Nachdenkseiten“ aus dem Umfeld der Linken schrieb über Blackrock das Buch „Wer schützt die Welt vor den Finanzkonzernen?“
Folgt man Weiß’ „Verschwörungsmythos“, reicht das Unterstützernetzwerk der AfD und der „Neuen Rechten“ also offenbar von der FAZ über Arte, den Tagesspiegel bis zu den „Nachdenkseiten“. Damit also zur „Verschwörungstheorie“. Bezeichnend für den inflationären Gebrauch dieses Begriffs ist der Umstand, daß es bis heute keine trennscharfe Definition gibt. Selbst die Experten des Bundesamtes für Verfassungsschutz haben davor kapituliert.
Am 16. Dezember 2020 erklärte Sinan Selen, stellvertretender Vorsitzender dieser Behörde, vor dem Innenausschuß des Bundestags, der Verfassungsschutz werde sich wegen der Corona-Proteste der Gefahr durch „Verschwörungstheorien“ und „Verschwörungsmythen“ widmen. Auf meine direkte Nachfrage im Ausschuß, wie der Verfassungsschutz diese Begriffe definiere, vermochte Selen keine Antwort zu geben. Auf Nachfrage äußerte das Innenministerium, die Erarbeitung einer Arbeitsdefinition werde durch Experten erfolgen. Ein halbes Jahr später mußte es jedoch einräumen, daß der „Ansatz einer spezifischen Arbeitsdefinition“ nicht weiterverfolgt werde.
Diese Kapitulation vor der Aufgabe hatte gute Gründe: Es fand sich schlicht und einfach keine Definition für „Verschwörungstheorie“, die auf die große Mehrheit der alternativen Medien und der Kritiker der Regierungspolitik anwendbar wäre. So sind weder die Kooperation zwischen Bill Gates und der WHO noch die Finanzierung der Klimabewegung durch Investmentbanker in irgendeiner Weise „geheim“ oder „konspirativ.“ Über ihre Ziele, Motive und Strategien geben die Protagonisten ganz offen in Interviews, Presseerklärungen und ihren Internetseiten Auskunft. Die Geldströme lassen sich zweifelsfrei belegen, ebenso die damit verbundenen Erwartungen der Geldgeber.
Das betrifft auch die Bereiche der Gesellschaft, die besonders sensibel sind: Wissenschaft und Presse. Forschung und Berichterstattung bilden die Basis der politischen Meinungsbildung. Die wirtschaftliche Einflußnahme großer Finanzinvestoren beginnt nicht erst bei der Klimabewegung und der Klimapolitik, sondern bereits bei der Klimawissenschaft. Der Investmentbanker John Doerr jubelte: „Der Klimawandel bringt größere ökonomische Chancen als der Internetboom.“ Er spendete für die Klimawissenschaft an der Universität Stanford 1,1 Milliarden US-Dollar, die dem Forschungsinstitut sogar seinen Namen, „Stanford Doerr School of Sustainability“, gab.
Ebenso glücklich schätzte sich die Harvard-Universität. Der Investmentbanker Jean Eric Satana spendete der Hochschule 200 Millionen US-Dollar mit der klaren Zielvorgabe, sich für die „Transformation“ zur Klimaneutralität einzusetzen. Die Klimawissenschaftler forschen dort in dankbarer Anerkennung der finanziellen Zuwendung am „Satana Institute for Climate and Sustainability“. Nebenbei: Satana gehört der EQT-Gruppe an, derselben Private Equity Firma, in der auch Wirtschaftsminister Robert Habecks Staatssekretär Udo Philipp als – nach eigenen Worten – eine der „größten Heuschrecken in Deutschland“ tätig war.
Das Princeton „High Meadows Environmental Institute“ trägt den Namen der Lieblingsfarm von Carl Ferenbach. Ferenbach war Mitbegründer von „Berkshire Partners“ – einer Private-Equity-Firma, die 16 Milliarden Dollar verwaltet. Die genaue Höhe der Spende wird von Princeton nicht genannt, nur daß sie „transformativ“ sei, also sie dem Institut ermöglicht, sich viel größer aufzustellen. Ferenbach verfolgt mit seiner Spende ganz klar eine politische Agenda, denn er selbst war Vorsitzender der Umwelt-Lobby-Organisation „Environmental Defense Fund“ und Gründer seiner privaten Umwelt-Denkfabrik „High Meadows Foundation“.
An diesen Forschungsinstituten werden Studien verfaßt, die später als Grundlage für den IPCC-Bericht und damit für die Klimaziele und die Klimapolitik dienen. Wie unabhängig und ergebnisoffen kann Forschung sein, die Institute ausführen, die schon mit ihrem Namen deutlich machen, daß sie sich den Werten und politischen Vorstellungen ihrer Großspender verpflichtet fühlen? Dieselbe Frage stellt sich, wer die Unabhängigkeit der Presse betrachtet. Weiß hält die „Manipulation der Medien“ für eine „Legende“. Aber auch in diesem Fall geht es nicht um „Legenden“ und „Theorien“. Die Fakten liegen offen auf dem Tisch: Das US-Nachrichtenportal „Mint Press“ wertete rund 30.000 Einzelspenden der Gates-Foundation aus. Demnach hat die Bill und Melinda Gates Foundation 320 Millionen US-Dollar an Nachrichtensender, Zeitungen und Magazine überwiesen. Darunter CNN, NBC, PBS, BBC, The Guardian, Financial Times und The Daily Telegraph. Zu den glücklichen Zuwendungsempfängern gehören in Deutschland Der Spiegel (2,5 Millionen Euro) und der Fernsehdoktor der Nation, Eckart von Hirschhausen (1,2 Millionen Euro).
Die notwendige Debatte, ob es zum Schaden der Bevölkerung ist, wenn sich mächtige Finanzinteressen in Wissenschaft, Presse und Politik einkaufen, versucht Weiß mit Beleidigungen aus dem antifaschistischen Phrasenlexikon, wie „antikapitalistische Rhetorik“ und „nationalsozialistische Propagandaphrasen von Plutokratenherrschaft“, zu unterbinden. Der Historiker versteht von Wirtschaft offenbar noch weniger als von Politik. Die Kritik an mächtigen Kartellen geht nicht auf die düsteren Kapitel der deutschen Geschichte zurück, sondern auf die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Ludwig Erhard nannte Kartelle die „Feinde der Verbraucher“. Deshalb gründete er gegen den Widerstand der Wirtschaft das Bundeskartellamt.
Die Kartelle, gegen die Erhard kämpfte, waren aber Zwerge gemessen an den Finanzriesen, die heute das Geschehen bestimmen. Blackrock und die globale Finanzindustrie stehen für alles, was Ludwig Erhard und die Vordenker von der Freiburger Schule, die Ordoliberalen, die Vertreter der christlichen Soziallehre, immer verhindern wollten. Der Wettbewerbs-Ökonom Professor Einer Elhauge bezeichnete den Einfluß dieser Finanzkonzerne über ganze Branchen hinweg als die „größte Bedrohung des freien Wettbewerbs unserer Zeit“. Ökonomen haben untersucht, wie sich die Marktkonzentration durch die Beteiligung von Blackrock und Vanguard bei den US-Fluggesellschaften für den Verbraucher ausgewirkt hat. Ergebnis: Die Ticketpreise liegen zehn Prozent höher als ohne die Beteiligung.
Jeder Mensch mit ein bißchen Verstand begreift, welche enorme Gefahr die konzentrierte Finanzmacht für die Demokratie und Marktwirtschaft darstellt. Daß Weiß das nicht begreift, widerspricht dieser Aussage nicht. Allen Ernstes stellt er die „finanzstarken Förderer, Kampagnen- und Fundraising-Netzwerke“ der AfD mit denen der amerikanischen Superreichen auf eine Stufe. Um sich einmal die völlig andere Dimension klarzumachen: Allein die zehn größten Stiftungen, die die Klimapolitik fördern, verfügen zusammen über ein Stiftungskapital von 150 Milliarden Dollar. Davon entfallen allein auf die Gates-Foundation 40 Milliarden Dollar.
Leute wie Weiß werden behaupten, daß all diese grünen Milliardäre ihr Geld aus purer Herzensgüte an die Klimabewegung verschenken, daß es für die Marktwirtschaft völlig unbedenklich sei, wenn fast alle Großunternehmen sich in den Händen einer Handvoll Kapitalsammelstellen befinden, wenn diese gleichzeitig die Notenbanken und die Politik beraten und ihre Manager die Führungspositionen in den Parteien und den Ministerien übernehmen, wenn sie nicht nur die Presse finanzieren, sondern auch die Wissenschaft. Wenn in der Wissenschaft in ihrem Sinne geforscht, in der Presse berichtet und in der Politik entschieden wird, sei das keine Gefahr für die Demokratie.
Dabei ist der Interessengegensatz zwischen grünen Milliardären mit Gottkomplex wie Bill Gates und Christopher Hohn, Finanzkonzernen wie Blackrock und Vanguard und der großen Mehrheit der Bevölkerung völlig offensichtlich. Was den meisten Menschen lieb und teuer ist, Familie, Tradition, soziale Sicherheit und politische Freiheit, ist für sie bedeutungslos. Demokratie und nationale Grenzen sind lästige Hindernisse bei der Umsetzung der grünen „Transformation“. Die starken konservativen Bewegungen, wie die Gelbwesten in Frankreich, die Bauernpartei in den Niederlanden und die AfD in Deutschland, sind nicht „extrem“ und „demokratiefeindlich“, sondern die wahren Verteidiger von Freiheit und Demokratie.
Beatrix von Storch, Jahrgang 1971, ist Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Frak-tionssprecherin der AfD im Bundestag. Die Rechtsanwältin war zuvor Mitglied des EU-Parlaments. Von Storch ist Mitglied in der Hayek-Gesellschaft.