Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will künftig Familien kein Elterngeld mehr bewilligen, deren gemeinsam zu versteuerndes Einkommen über 150.000 Euro liegt – bisher war die Grenze 300.000 Euro.
Der FDP-Vizevorsitzende Johannes Vogel kritisierte das in der ARD-Talkshow „Anne Will“ mit deutlichen Worten: „Ich finde es falsch, wenn wir jetzt einfach das Elterngeld mit dem Rasenmäher abrasieren.“ Ob die Zahlung von Elterngeld, das sowohl finanziell als auch zeitlich gedeckelt ist, für Vogels Klientel – „wir reden über Ingenieurinnen und Ingenieure, Ärzte“ – tatsächlich entscheidend ist, vorübergehend beruflich zu pausieren oder nicht, ist zweifelhaft.
Betroffen wären ab Januar 2024 zwei bis drei Prozent der Bevölkerung, so Andreas Peichl, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München, gegenüber dem Online-Wirtschaftsmagazin capital.de.
Dennoch glauben Kritiker, daß eine Umsetzung von Paus’ Plänen ein falsches Signal sei. Der familienpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Martin Reichardt, kritisierte das scharf: „Die Ampel treibt den Angriff auf die Leistungsträger in Deutschland weiter voran. Jetzt trifft es Eltern, die fleißig sind und gut verdienen“, schrieb er in einer Pressemitteilung.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil betonte,
Elterngeld sei keine Sozialleistung, sondern solle Väter motivieren, „mehr Verantwortung in der Familie zu übernehmen“, und schlägt Sparmaßnahmen an anderer Stelle vor: Das Ehegattensplitting solle abgeschafft werden. Hier sei das Einsparpotential ungleich höher, denn das koste den Staat nach Berechnungen der Bundeszentrale für politische Bildung von 2020 jährlich 20 Milliarden Euro, während die Kappung des Elterngeldes lediglich 300 Millionen Euro bringe.
Außerdem würde die Ampel damit umsetzen, was in ihrem Koalitionsvertrag steht: „Wir wollen die Familienbesteuerung so weiterentwickeln, daß die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen gestärkt werden.“ Umgesetzt werden soll das, indem „die Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV“ überführt werden solle.
Dieses Verfahren solle „einfach und unbürokratisch anwendbar“ sein und Fairneß schaffen.
Das bedeutet: Gemeinsame Haushalte müßten künftig beim laufenden Lohnsteuerabzug eine höhere Steuerlast schultern, weil jeder Partner genau nach seinem Einkommen besteuert wird. „Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen“, so Klingbeil.
Daß das Ehegattensplitting auch vermeide, daß „Eheleute mit mittleren und kleineren Einkommen in der Progressionszone, vor allem Arbeitnehmer, gegenüber Eheleuten mit hohem Einkommen, vor allem Gewerbetreibenden und freiberuflich
Tätigen, benachteiligt werden“, urteilte das Bundesverfassungsgericht bereits vor Jahrzehnten.
Kritik an dem SPD-Vorstoß kommt aus Bayern. Die Forderung sei „der nächste abwegige Schnellschuß – nach Heizgesetz, Elterngeld und Gedankenspielen zur Witwenrente“, so CSU-Ministerpräsident Markus Söder gegenüber der Bild-Zeitung.
Paus’ Idee der Elterngeldkappung stimmen nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Spiegels zwei Drittel der Deutschen zu.