© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/23 / 18. August 2023

Grüße aus … New York
Summer in the City
Holger Ziehm

Es sind heute nur 26 Grad in New York, das ist ungewöhnlich angenehm und erträglich. Der Sommer kann dort auch ganz anders sein, wie man weiß. Ich steige in Manhattan aus der U-Bahn und gehe die steile Treppe hoch auf das Straßenniveau der 8th Avenue. Es erschlägt einen fast. Aber es ist nicht das Klima, sondern all die Eindrücke, die in derselben Sekunde auf mich einwirken. Die Geräusche, die Gerüche, die Hochhäuser und all die Menschen um mich herum, die  kreuz und quer ihres Weges gehen. Überall fahren die „yellow cabs“, die typischen New Yorker Taxen. 

Abseits der bekannteren Sehenswürdigkeiten werden die Touristen schnell spärlicher. Meist sind die Besucher aber US-Amerikaner, von Europäern in der Regel auf einen Blick zu unterscheiden. Manchmal laufe ich über große, metallene Gitter auf der Erde, die in Reihe nahe des Bürgersteiges liegen. Leicht stickige und nach U-Bahn riechende Luft wird aus den unterirdischen Röhren von Lüftern an die Oberfläche geblasen. 

Es ist fast wie in Berlin, denn hier können aus beiden Richtungen heraneilende, ungeduldige Radfahrer nahen.

Man kommt nicht so leicht vorwärts zu Fuß in New York. Die Entfernungen zwischen den „Blocks“ sind recht groß, die Ampelphasen für Fußgänger halten einen immer wieder minutenlang auf. Polizei sieht man erstaunlich wenig. Einige Streifen- und auch Rettungswagen sind allerdings schon im Einsatz, mit eindrucksvoller akustischer und optischer Untermalung. 

Auf den Avenues gibt es Fahrradspuren, falls man unvorsichtigerweise einen Fuß darauf setzt, muß man aufpassen. Es ist fast wie in Berlin, denn hier können aus beiden Richtungen heraneilende, ungeduldige Radfahrer nahen. Das 443 Meter hohe Empire State Building ist auch heutzutage noch eindrucksvoll. Kaum zu glauben, daß es schon seit über 90 Jahren steht!

Gleich in den Nebenstraßen sieht man viel Elend. Oft sind es Schwarze, total heruntergekommen, krank und wahrscheinlich völlig auf sich gestellt, schlendern sie herum, sitzen an Mauern oder schlafen, manche versuchen zu betteln.

Der Bryant Park nahe der Bibliothek ist nur ein ganz kleiner Bruder des weltbekannten Central Parks. Und doch ist es ein schöner Platz zum Verweilen. Vor allem gibt es unzählige bequeme Sitzgelegenheiten im Schatten unter Bäumen. New Yorker sitzen dort und trinken einen im Becher mitgebrachten Kaffee von unterwegs irgendwo. Andere lesen oder arbeiten am Laptop.

Ein Weißer und ein Schwarzer spielen angeregt Schach an einem Tisch. In der Mitte des Parks befindet sich eine überdachte Bühne, dort findet eine Vorstellung statt. Ein junges Paar tanzt und bewegt sich in Zeitlupe, dreht sich mit ausgebreiteten Armen. Es erinnert mich an „Figuren werfen“, ein Spiel aus meinen frühen Kindertagen.