© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/23 / 06. Oktober 2023

Des Satans fette Beute
Kino II: Der Film „Der Exorzist – Bekenntnis“ ist wenig innovativ
Dietmar Mehrens

Gibt es eigentlich Dämonen? Oder sind sie nur eine Metapher für das Böse? Auf jeden Fall gibt es Exorzisten, ganz offiziell von der katholischen Kirche für die Austreibung von Dämonen abgeordnete Geistliche. Und die glauben auf jeden Fall an die unheimlichen Wesen aus der Domäne Satans. Filmhistorischen Legendenstatus erreichte „Der Exorzist“ (1973) von William Friedkin. Der Film setzte im Horrorgenre derart viele Maßstäbe, daß es fast unmöglich ist, nicht auf ihn Bezug zu nehmen, wenn man sich erneut kinematographisch mit dem Thema der dämonischen Besessenheit befaßt. Man kann zum fünfzigsten Geburtstag des Klassikers auch ganz bewußt in seine großen Fußstapfen treten, indem man seinen Film „Der Exorzist – Bekenntnis“ nennt und den Darstellerinnen, die damals mit dem Satan zu ringen hatten, Gastauftritte verpaßt, wie es jetzt Regisseur David Gordon Green getan hat.

Theologisch abstrus, hoher Gruselfaktor 

Green bettet seine Geschichte zweier besessener Mädchen in eine Familientragödie ein: Als die Mutter der jetzt 13jährigen Angela mit dem Mädchen schwanger war, wurde sie in Port-au-Prince, der Hauptstadt Haitis, Opfer eines furchterregenden (und auch so inszenierten) Erdbebens. Die Mutter starb, Angela überlebte. Um mit der Toten in Kontakt zu kommen, lassen Angela (Lidya Jewett) und ihre gleichaltrige Freundin Katherine (Olivia O’Neill) sich in einem Wald mit okkulten Mächten ein. Drei Tage bleiben die Mädchen verschwunden. Als man sie schließlich in einer Scheune findet, verstört und mit versengten Füßen, sind sie überzeugt, sich nur wenige Stunden im Wald aufgehalten und dort verirrt zu haben.

Bald zeigen die Jugendlichen besorgniserregende Verhaltensauffälligkeiten. Die Maskenbildner haben wirkungsvoll dafür gesorgt, daß beide dabei immer schrecklicher aussehen. Während Katherines fromme Eltern – beide besuchen regelmäßig einen evangelikalen Gottesdienst – rasch überzeugt sind, die Mädchen hätten drei Tage in der Hölle zugebracht, ist Angelas Vater Victor (Leslie Odom jr.) skeptisch: Das Christentum besteht für ihn aus „Mythen“, die das Unerklärliche erklären sollen. Schließlich jedoch läßt Victor sich auf die geistliche Deutung und Therapie der bei seiner Tochter zu diagnostizierenden schweren Störung ein. „Es gibt viele dunkle Mächte auf der Welt, nicht jede ist übernatürlich“, doziert Dämonenkennerin MacNeil.

Theologisch wird es zum Ende hin immer abstruser, der Gruselfaktor erhöht sich dafür mittels typischer Trickeffekte massiv. Trotzdem hat „Der Exorzist – Bekenntnis“ weder der Filmhistorie substantiell etwas hinzuzufügen, noch dem, was schon Shakespeares Hamlet proklamierte: „Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt.“

Kinostart ist am 5. Oktober 2023