© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/23 / 20. Oktober 2023

Sophia Thomalla war lange von der CDU begeistert – nun aber hat sie ihre Partei aus Protest verlassen.
Harte Hiebe
Eric Steinberg

Fast überall, wo sie wandelt, hinterläßt sie kleine Krater der Empörung. Nun hat Sophia Thomalla erneut für einen Aufreger gesorgt. Via Instagram teilte die Fernsehbekanntheit ihren 1,3 Millionen Fans mit, die CDU nach zwölf Jahren zu verlassen. Grund ist eine Einladung der „Gruppe der Frauen“ der Bundestagsfraktion an die Nordirin Shelby Lynn. Die hatte im Mai Vorwürfe gegen Thomallas Ex-Freund Till Lindemann und dessen Band Rammstein erhoben, doch die Staatsanwaltschaft sah keinen ausreichenden Tatverdacht.

Thomallas Kritik richtet sich gegen Politiker „wie Dorothee Bär und Julia Klöckner, (die) sich für schnellen, billigen Applaus der woken Berliner Bubble lieber mit Personen beschäftigen, die fern von Relevanz sind, statt um die Sorgen der Bürger – ist halt leider genau einer der Gründe, warum die AfD einen so relevanten Aufschwung bekommt.“ All das beweise den „immer größer werdenden Realitätsverlust“ in der Partei. Und die politischen Verhältnisse beschrieb sie so: „Hinterfrage ich die meiner Meinung nach völlig aus dem Ruder gelaufene MeToo-Debatte, bin ich Antifeminist oder misogyn. Habe ich zum Ende der Corona-Zeit einige nicht zu verstehende Maßnahmen in Frage gestellt, war ich Corona-Leugner und Aluhutträger. Habe ich ganz normale Fragen zur Überthematisierung der ‘LGBTQ+’-Community, dann bin ich homophob.“

Markige Worte von deutschen Prominenten sind selten geworden – bei Sophia Thomalla gehören sie dazu.

Markige Worte wie diese von deutschen Prominenten sind selten geworden. Bei der 1989 in Ost-Berlin geborenen Tochter der Schauspielerin Simone Thomalla hingegen gehören die Aufreger fest zur Vita. Bereits 2015 schoß sie in der Sendung „Hart aber fair“ unverblümt gegen das Gendern: „Das ist doch Schwachsinn!“ Ihre Position: Wer als Frau ständig für ‘Gleichstellung’ und gegen ‘Sexismus’ wettere, habe wohl noch nie ein Kompliment bekommen. Offenbar zu viel für den WDR, der die Sendung später als „unseriös“ aus der Mediathek entfernte.

Wer Thomalla bucht, weiß, was er bekommt: Die 34jährige ist bekannt für ihre geringe Zurückhaltung. Die zeigt sie offen etwa bei der Zusammenarbeit mit Lottohelden. Für den Wettanbieter ließ sie sich in der Vorweihnachtszeit 2017 leicht bekleidet als Jesus-Imitat am Kreuz ablichten, darüber der Werbespruch: „Weihnachten wird jetzt noch schöner.“ Den Unmut der Kirche und einiger Christen zog sie rasch auf sich.

Doch das kann Thomalla egal sein. Ihre kontroversen Aussagen und Auftritte erzielen Reichweite, die ihr weitere Aufträge verschaffen. Sie moderiert nicht nur, sondern ist Model, Schauspielerin, besucht Quizshows, wirbt für einen Rennsimulator oder ihre eigene Korn-Marke „Hardkorn“. 

Doch wer meint, die medialen Hiebe der Ex-Kickboxerin dienten nur der Selbstvermarktung, irrt. Denn zwischen kalkulierten Skandalen wie der Weihnachtswerbung und der CDU-Kritik ist ein Unterschied: Hier geht es um Geld, dort um Werte und vor allem: Loyalität und Authentizität. Denn verbiegen ließ sich Thomalla nie. Der CDU trat sie bei, weil sie die nicht immer mehrheitsfähigen Entscheidungen Merkels schätzte. Kein Wunder also, daß auch sie selbst es wenig tangiert, weht ihr öffentliche Empörung entgegen. Immer schwimmt sie etwas gegen den Strom des Haifischglases Glamourwelt – man kann nur hoffen, daß sie für ihre Ehrlichkeit und ihr Gespür für öffentlichen Unmut nicht irgendwann gefressen wird.