Wenn in einem Politikersatz die beiden Wörter „Zukunftsthema“ und „Querschnittsaufgabe“ auftauchen, ist Vorsicht geboten. Denn für die Bürger bedeutet dies, daß das darin Angekündigte sie entweder viel Geld kostet oder ihre Wahlfreiheit bei der Lebensgestaltung einschränkt. Oder es droht beides.
„Ernährung ist eines der großen Zukunftsthemen und eine Querschnittsaufgabe, die viele verschiedene Lebensbereiche betrifft“, sagte jüngst Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), als sie die „Ernährungsstrategie“ ihres Bundeslandes vorstellte. Der Staat, ist die Politikerin überzeugt, habe „eine Pflicht, Rahmenbedingungen zu schaffen, die gesundheitsförderndes Essen für alle Menschen ermöglichen“. Denn ungesunde Ernährung sei eine der Hauptursachen für Übergewicht, schwere Erkrankungen und frühzeitigen Tod.
Wobei das mit der staatlichen Pflicht so eine Sache ist. Denn was Nonnemacher da präsentierte, war nicht die Strategie der gesamten Landesregierung, sondern nur diejenige ihres Ressorts, auch wenn der offizielle Titel „Ernährungsstrategie Brandenburg“ etwas anderes suggeriert. Im Vorfeld verweigerten nämlich einige Kabinettskollegen der grünen Ministerin in dieser Sache die Gefolgschaft. Finanzministerin Katrin Lange (SPD) beispielsweise, die das vor einigen Wochen sogar mit dem öffentlichen Lob der „gesunden Currywurst“ unterstrich. Auch die Landtagsfraktion des Koalitionspartners CDU warnte vor Bevormundung.
Die Gesundheitsministerin betonte daher, niemand habe die Absicht, den Leuten in die Töpfe oder auf den Teller zu schauen. Man wolle lediglich Anreize für eine gesunde, nachhaltige Ernährung setzen – mehr Gemüse und Vollkornprodukte, weniger Fleisch und Zucker. Aber, so die beruhigende Nachricht: „Jeder Brandenburger entscheidet weiterhin selbst, was er ißt.“ Das Leitbild der neuen Strategie gibt allerdings klar die Richtung vor: „Brandenburg ernährt sich nachhaltig: gesund, regional, vielfältig, fair!“ Umgesetzt wird es zunächst dort, wo offensichtlich mit wenig Widerspruch zu rechnen ist, bei den ganz jungen und den ganz alten. Großküchen für Schulen, Kindergärten und Seniorenheime sollen beim Pilotprojekt „Kantine Zukunft“ mitmachen. Für die Beratung und Unterstützung beim gesünderen oder zumindest gemüsigeren Kochen soll es fürs erste schon 600.000 Euro im Jahr an Zuschüssen aus der Staatskasse geben. 15 Kantinenbetreiber machen bereits mit. Immerhin werde mit dem Geld auch die heimische Land- und Ernährungswirtschaft gestärkt, so daß Arbeitsplätze in Brandenburg gesichert würden, ergänzte die für Verbraucherschutz zuständige Staatssekretärin Antje Töpfer.
Beteiligt an der Umsetzung der Stratgie ist das Studentenwerk Potsdam, das in der Landeshauptstadt und drumherum insgesamt sieben Kantinen und Mensen betreibt. Dort koche man jetzt schon „nachhaltig, gesund, klimagerecht, vielfältig – und das zu bezahlbaren Preisen“. Fleisch gebe es weiterhin, betont die Chefin, außer am „Veggi-Wednesday“. Außerdem – gewissermaßen die feischgewordene Kompromißlösung – im Angebot: eine fast-vegane Currywurst, halb aus Fleischbrät und halb aus Pflanze.