Als Tino Chrupalla am Mittwoch vergangener Woche zum ersten Mal seit dem Zwischenfall beim Wahlkampf im bayerischen Ingolstadt (JF 42/23) vor Journalisten in Berlin auftrat, wirkte der Partei- und Fraktionsvorsitzende der AfD noch erkennbar gesundheitlich angeschlagen. Bewußt habe er sich erst nach den Landtagswahlen äußern wollen, um den Vorwurf einer Instrumentalisierung des mutmaßlichen Anschlags auf seine Person zu entkräften, betonte er.
Chrupalla schilderte aus seiner Sicht den Ablauf der Ereignisse zwischen seiner Ankunft bei der AfD-Wahlkampfveranstaltung bis zu seinem plötzlichen Kreislaufversagen und legte in der Öffentlichkeit die Ergebnisse mehrerer ärztlicher Untersuchungsberichte vor, über die die JUNGE FREIHEIT bereits vorab berichtet hatte. Demnach stellten die Mediziner einen etwa vier Millimeter tiefen Einstich am Oberarm des Politikers fest. Die Stelle paßt zu einem noch im Krankenwagen festgestellten Blutfleck auf Chrupallas Hemd, das anschließend von der Polizei als Beweismittel gesichert wurde. Harsche Kritik übte der AfD-Vorsitzende an der Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft Ingolstadt. Die mußte in der Tat erste Stellungnahmen korrigieren, unter anderem die, es sei bei Chrupalla im Krankenhaus lediglich eine „oberflächliche Rötung bzw. Schwellung“ wahrgenommen worden. Nun spricht auch die Behörde von einer Einstichverletzung – und daß diese bereits von den Ärzten vor Ort diagnostiziert wurde. Auch die Ergebnisse der vom Politiker selbst veranlaßten weiteren Untersuchungen im Klinikum Dresden würden bei den Ermittlungen berücksichtigt, teilten die bayerischen Staatsanwälte mit.
Abgeordnete votieren knapp für weitere Doppelspitze
Chrupalla meinte bei der Pressekonferenz, die Untersuchungen auf mögliche Giftstoffe, die injiziert worden sein könnten, werde wohl noch länger dauern. Zumal „man wissen muß, wonach man sucht“. Bisher sei nichts gefunden worden. „Nur daß es kein Quecksilber war, das steht schon fest“, schilderte er. Abschließend nannte es Chrupalla im Rückblick auf die Ereignisse und die Berichterstattung darüber einen „Skandal, daß ich mich als Opfer in eine solche Rechtfertigungssituation bringen muß“.
Unterdessen haben die Abgeordneten Chrupalla erneut mit seiner Co-Vorsitzenden Alice Weidel im Amt an der Spitze der Bundestagsfraktion bestätigt. Das Duo erhielt bei der Wahl ohne Gegenkandidaten 62 Prozent der Stimmen. Gefährdeter war dagegen die Institution der Doppelspitze an sich, für die sich Weidel im Vorfeld noch einmal deutlich ausgesprochen hatte. Doch nur mit einer denkbar knappen Mehrheit votierten die Fraktionsmitglieder für die Beibehaltung dieser Einrichtung und lehnten einen Antrag, künftig mit einer Einzelspitze vertreten zu werden, ab.
Ebenfalls im Amt bestätigt wurden die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Sebastian Münzenmaier und Beatrix von Storch. Neu als Vize-Vorsitzende wurden der Sportpolitiker Jörn König und das Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, Stefan Keuter, gewählt. Sie setzten sich knapp gegen die bisherigen Amtsinhaber Norbert Kleinwächter beziehungsweise Leif-Erik Holm durch. Kein Kandidat erhielt dabei mehr als 56 Prozent der Stimmen. Ein fünfter Vize-Posten, den bis zu ihrem Tod im Februar dieses Jahres die bayerische Abgeordnete Corinna Miazga innehatte, wurde nicht mehr neu besetzt.
Bei den vier Parlamentarischen Geschäftsführern dagegen gibt es keine Änderungen. Erster Geschäftsführer bleibt Bernd Baumann. Auch der für Finanzen zuständige Enrico Komning aus Mecklenburg-Vorpommern, Fraktionsjustitiar Stephan Brandner und Götz Frömming, zu dessen Aufgaben die Kommunikation gehört, behalten ihre Posten. Die Neu- oder Wiederwahl des Fraktionsvorstands findet regulär in der Mitte jeder Legislaturperiode statt.
Weidel und Chrupalla betonten nach ihrer Wiederwahl, sie wollten die „vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit“ fortsetzen. Weidel nannte ihr Wahlergebnis „ordentlich“, sie nehme die nicht gerade üppige Prozentzahl „sportlich“. Eine geheime Abstimmung biete eben jedem die Gelegenheit, einen kleinen Seitenhieb zu verteilen. Auch Chrupalla erkannte darin nichts Außergewöhnliches: „Das waren typische AfD-Ergebnisse, wie es sie bei uns auch auf Parteitagen immer gibt.“