Mordanklage gegen Ex-Stasi-Mitarbeiter
Berlin. Fast 50 Jahre nach einem tödlichen Schuß am damaligen innerdeutschen Grenzübergang Berlin-Friedrichstraße hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen früheren Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit erhoben. Der heute 79jährige Mann soll im Frühjahr 1974 als Angehöriger einer sogenannten „Operativgruppe“ der Stasi den damals 38 Jahre alten Czeslaw Kukuczka am Sektorenübergang Bahnhof Friedrichstraße hinterrücks erschossen haben, als dieser den letzten Kontrollpunkt Richtung West-Berlin passiert hatte. Kukuczka hatte zuvor versucht, in der polnischen Botschaft in Ost-Berlin mit einer Bombenattrappe seine Ausreise zu erzwingen. Zum Schein war man dort auf seine Forderungen eingegangen und ließ ihn von der Stasi zum Grenzübergang bringen, wo der entsprechend instruierte Schütze bereits wartete. Die Staatsanwaltschaft geht aufgrund des Tatbestands der Heimtücke daher von einem Mord aus. Anders als bei Totschlag gelten hier keine Verjährungsfristen. Bereits unmittelbar nach der Tat hatte die damalige Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter (JF 48/11) Vorermittlungen eingeleitet. Das Landgericht Berlin muß nun prüfen, ob es die Anklage gegen den 79jährigen Ex-Stasi-Mann zuläßt. (vo)
„Querdenker“ nur wegen Steuerdelikten angeklagt?
Stuttgart. Das Landgericht Stuttgart erhebt keine Anklage wegen Geldwäsche und versuchten Betrugs gegen den Gründer und Kopf der sogenannten „Querdenken“-Bewegung, Michael Ballweg. Wie das Gericht mitteilte, läge kein hinreichender Tatverdacht vor. Daher soll dem Unternehmer nur wegen der ihm zur Last gelegten Steuerdelikte der Prozeß gemacht werden. Gegen diese Entscheidung hat die Staatsanwaltschaft in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Beschwerde beim Oberlandesgericht Stuttgart eingelegt. Die Behörde will erreichen, daß eine Anklage wegen sämtlicher Delikte zugelassen wird, die sie Ballweg vorwirft. Ein Sprecher teilte dem SWR mit, man erkenne einen dringenden Tatverdacht, was die Vorwürfe des versuchten Betrugs und der Geldwäsche angeht. Durch öffentliche Aufrufe soll Ballweg für die Gruppe „Querdenken 711“ mehr als eine Million Euro an finanziellen Zuwendungen bekommen haben, unter anderem für die Unterstützung bei anderen Prozessen und juristischen Auseinandersetzungen. Die Strafverfolger sind überzeugt, daß der IT-Unternehmer etwa 500.000 Euro davon für sich selbst abgezweigt und daher die Spender über die Verwendung der Gelder getäuscht habe. Ballweg, der als einer der prominentesten „Querdenker“ die Proteste gegen die Pandemie-Maßnahmen organisiert hatte, war im Frühjahr nach neun Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Zur Begründung hieß es, die Fluchtgefahr habe sich verringert. Zuvor hatte das Oberlandesgericht, das nun über die Zulassung der weiteren Anklagepunkte entscheiden muß, bei der Haftprüfung einen hohen Tatverdacht gesehen. (pf)
Kommentar Seite 2