© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/23 / 03. November 2023

Meldungen

Mehr Asylbewerber als in offizieller Statistik 

BERLIN. Nach Deutschland kommen derzeit offenbar deutlich mehr Asylbewerber, als in den offiziellen Statistiken ausgewiesen wird. Gab das Innenministerium für September an, es habe 27.889 Asyl-Erstanträge in der Bundesrepublik gegeben, seien in dem Monat in Wirklichkeit rund 40.000 Asyl-Migranten eingereist, berichtet die Welt. Dies werde auch für den Oktober gelten. Hintergrund ist die Überlastung der Behörden, die mit der Masse an Asylsuchenden nicht mehr zurechtkommen. So vergehen zwischen Einreise und der offiziellen Antragsstellung mittlerweile mehrere Monate, berichtet das Blatt weiter. Dies war bereits während der Migrationskrise 2015 der Fall, als die offiziellen Zahlen erst Anfang 2016 massiv anstiegen. Damit ist schon jetzt klar: Die Zahl der Asylanträge wird in den kommenden Monaten dramatisch ansteigen. Mit mehr Abschiebungen dagegen ist nicht zu rechnen. Das vom Bundeskabinett beschlossene Paket für mehr Rückführungen wird selbst laut Schätzungen der Ampelkoalition nur zu 600 Abschiebungen mehr pro Jahr führen. Derzeit erreichen täglich mehr als tausend Asylbewerber die Bundesrepublik. (ho)





Mehr Kompetenzen für Verfassungsschützer

Berlin. Die Bundesregierung plant, die Befugnisse des Verfassungsschutzes auszuweiten. Ein vom Kabinett bereits beschlossener Gesetzentwurf sieht vor, daß es dem Inlandsnachrichtendienst künftig möglich sein soll, persönliche Informationen von beobachteten Bürgern an „inländische Stellen“ weiterzugeben. Bisher durften zwar Polizeibehörden über konkrete Anschlagspläne informiert werden, Informationen über vermeintlich radikale Ansichten, die nicht strafbar sind, mußte der Verfassungsschutz aber geheimhalten. In dem Fall könnten Verfassungsschutzmitarbeiter auf Lehrer oder Sporttrainer eines beobachteten Bürgers zugehen und sie von der Beobachtung unterrichten. Das soll nach Plänen der Bundesregierung dann möglich sein, wenn das der „Deradikalisierung“ diene oder dazu beitrage, „das Gefährdungspotential zu reduzieren“. Hintergrund des Gesetzesentwurfs ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April vergangenen Jahres: Würde ein Geheimdienst zu leichtfertig Einschätzungen über Bürger an Dritte übermitteln, verstoße das gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Daher hatten die Richter strengere Regeln für die Weitergabe persönlicher Daten von Beobachteten angemahnt. Der Gesetzentwurf soll dies unter bestimmten Voraussetzungen nun doch erlauben. Kritik an den Plänen des Bundesinnenministeriums kommt unter anderem von Mark Zöller, einem Rechtswissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Berlin werde den Vorgaben aus Karlsruhe „überhaupt nicht gerecht“, monierte er gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Statt dessen nutze Faesers Ministerium die Debatte für eine „Ausweitung der Befugnisse“. Die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warnte in der Bild-Zeitung: „Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe, Bürger vor Verfassungsfeinden zu schützen – nicht aktiv Verdachtsmomente zu verbreiten.” Grünen-Politiker Konstantin von Notz sagte im Bundestag, der Gesetzesentwurf sei „juristisch so schlicht nicht haltbar“. Die Bundesregierung hat bis Ende 2023 Zeit, die Befugnisse des Verfassungsschutzes gemäß den Vorgaben des Verfassungsgerichts gesetzlich zu regeln. Passiert das nicht, dürfte die Behörde ab 1. Januar 2024 keinerlei Einschätzungen mehr übermitteln. (st)