Acht Milliarden Euro will Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing in den kommenden Jahren an die Aktionäre ausschütten – in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen, davon 1,5 Milliarden im nächsten Jahr. Das ist aber nur ein Bruchteil der 6,5 Milliarden, die die Mailänder Unicredit im Jahr 2024 auszahlen will. Weniger zu jubeln haben die Eigner regionaler US-Banken, bei denen die Krise aus dem März in die nächste Runde zu gehen droht.
Während die großen Investmentbanken unter dem Einbruch des Kapitalmarktgeschäfts weniger Gewinn schreiben (JF 44/23), geht es bei mittleren und kleinen Instituten im klassischen Bankgeschäft um die Substanz. Wie schon im März die kalifornische Silicon Valley Bank (SVB) stehen sie vor zwei Problemen: durch steigende Zinsen sinkt der Wert ihrer Anleihen und Kredite, was aber aufgrund der Rechnungslegung nur teilweise offengelegt werden muß. Parallel dazu ziehen Kunden ihre Einlagen ab, weil es bei Geldmarktfonds deutlich höhere Zinsen gibt: bis zu 5,4 Prozent bei täglicher Verfügbarkeit.
Entspannung ist nicht in Sicht, denn langfristige Zinsen stiegen zuletzt stark. Die US-Zentralbank Fed reduziert weiterhin ihr Anleiheportfolio von 8,5 Billionen Dollar Anfang 2022 auf zuletzt 7,4 Billionen. Nicht nur müssen diese Anleihen vom Markt ersetzt werden, sondern Joe Bidens Haushaltsdefizit von fast acht Prozent erforderte die Plazierung von 600 Milliarden Dollar an neuen Schulden im September, die höchste monatliche Schuldenaufnahme aller Zeiten – und das trotz boomender Wirtschaft. Das Angebot an Anleihen drückt die Preise und erhöht dadurch den Zins. Seit August 2022 haben 30jährige Staatsanleihen 47 Prozent ihres Wertes eingebüßt. So erhöhen sich die Buchverluste in den Bankbilanzen: auf 558 Milliarden Dollar beliefen sie sich am Ende des zweiten Quartals, deutlich weniger als am Jahresanfang. Doch durch den Zinsanstieg dürften sie wieder auf dem vorherigen Höchststand liegen, nach Schätzungen der Ratingagentur Moody’s sogar noch höher.
Gleichzeitig ziehen Kunden ihre Einlagen ab. Das macht sich im erst im März aufgelegten Bankenfinanzierungsprogramm bemerkbar. Nach einem schnellen Anstieg auf 100 Milliarden Dollar bis Juni ging es seitdem nicht abwärts, wie bei einer Entschärfung der Krise zu erwarten gewesen wäre, sondern weiter aufwärts auf 109 Milliarden Mitte Oktober. Es sieht eher nach einer Verlängerung dieses Programms aus als nach seinem planmäßigen Auslaufen im März 2024. Erneut bewahrheitet sich Ronald Reagans Beobachtung, daß nichts so dauerhaft ist wie ein vorübergehendes staatliches Programm. Banken brauchen also noch stärker das Sonderprogramm, nur um ihre Liquidität sicherzustellen.
Buchverluste reduzieren das Eigenkapital, Abflüsse der Einlagen die Liquidität. Konsequente Reaktion der Banken: schrumpfendes Kreditvolumen. Fed-Gouverneure freuten sich bereits öffentlich, daß die verschärften Kreditkonditionen weitere Zinserhöhungen überflüssig machen. Bei Gewerbeimmobilien häufen sich die Horrormeldungen, bisher meist aus San Francisco. New York könnte der nächste Dominostein werden – ausgerechnet die im März geschlossene Signature Bank war die einzige, die in der Stadt Wohnungen mit Mietdeckel finanzierte, die nun zwangsversteigert werden müssen. Ein Aufflammen der Bankenkrise ist wahrscheinlich, wenn Verluste bei Gewerbeimmobilien die bestehenden Probleme verschärfen.