© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/23 / 10. November 2023

Waldemar Hartmann. Der Sportmoderator zählt zu den wenigen Promis mit Mut und kommentiert inzwischen bei „Nius“.
Vom Hocker an die Theke
Peter Delarge

Der „Weizen-Waldi“, wie Waldemar Hartmann auch gerne genannt wird, ist mit allen per du, die im Laufe der Jahre Platz vor seinem Mikrofon genommen haben. Die meisten Gespräche des Sportjournalisten mit betont geringer journalistischer Distanz sind wie der Samstagsausflug in die Kneipe an der Ecke: Man bekakelt die Bundesliga, Politik und vergangene Zeiten. 

Dieser Dreiklang des langjährigen Fernsehmoderators scheint auch dem vielfach als „rechtspopulistisch“ verunglimpften Nachrichtenportal „Nius“ für ein Sportformat geeignet: Und so berichtet er mittlerweile dort jeden Dienstag in der Sendung „Waldis dritte Halbzeit“ über „Anekdoten, Brisantes und Pikantes aus sechzig Jahren Bundesliga“, so die Selbstbeschreibung. Allerdings „garantiert subjektiv, schwurbel- und genderfrei“, wie Hartmann versichert. 

Dafür aber mit jeder Menge Kult: Etwa erzählt Waldi, wie die Klitschkos ihm Boxhandschuhe schenkten oder wie die Fußball-WM 2006 nach Deutschland kam – zusätzlich zur aktuellen Analyse der Bundesliga natürlich. Mit seinen 75 Jahren wäre er in einer Kneipe wohl derjenige, der stets Histörchen von früher zum besten gibt, ebenso aber die aktuellen Geschichten und Gesichter kennt. In der deutschen Sportwelt ist Hartmann, unter anderem dank etlicher Engagements bei den Öffentlich-Rechtlichen, bestens vernetzt, hinzu kommen gute Kontakte in die Promi-Welt und die Politik.

Wenig hat Hartmann für AfD und Grüne übrig – letztere aber sind es, die ihm „am meisten den Tag versauen“.

Aus der Ruhe bringen konnten den jovialen Franken aus Nürnberg wohl nur wenige Gesprächspartner. Einer davon war Rudi Völler. 2003 sprach der damalige DFB-Trainer mit Hartmann in der ARD über das 0:0 der Nationalelf gegen Island. Als Waldi ihn auf die vermeintlich schlechte Leistung ansprach, folgte Völlers legendärer Wutausbruch: „Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören!“ wetterte „Tante Käthe“ und unterstellte dem Moderator, „drei Weizen“ intus zu haben. Der reagierte irritiert: „Ich verstehe nicht, warum diese Schärfe ...“ Verständlich: Hartmann ist Gemütsmensch, bezeichnete sich selbst als „Duz-Maschine“. Später bescherte die mittlerweile kultige TV-Szene Waldi einen Weizen-Werbevertrag mit Paulaner und damit nicht nur finanzielle Unabhängigkeit – er nannte das seine „Rudi-Rente“ –, sondern auch inhaltliche: Hartmann wechselte, um im Kneipen-Bild zu bleiben, vom Hocker hinter die Theke, löste sich von festen Arbeitgebern und konnte fortan selbst bestimmen, in welchen Sendungen er Platz nimmt. Und so durften sich die Fernsehzuschauer nach seinem Zapfenstreich bei der ARD 2013 über einen unabhängigen und entsprechend meinungsstarken Waldi in lockeren Talkrunden wie „Doppelpaß“ im Sender Sport 1 freuen. 

Auch mit seiner politischen Vorliebe hielt Hartmann nie hinterm Berg. Er ist Mitglied der Mittelstands- und Wirtschaftsunion und warb im Bundestagswahlkampf 2021 für die CDU/CSU. Wenig hat er dagegen für die AfD und Grünen übrig. Letztere aber – da an der Macht – seien es, die ihm „am meisten den Tag versauen“, weil diese „Lehrerzimmerpartei“ „nur Ratschläge verteilt, reguliert, befiehlt“.

Am Tresen zieht er übrigens, wie er später einmal zugab, Wodka dem Weizenbier vor. Waldemar Hartmann ist also beides, ein Mann der klaren Spirituosen und der klaren Worte.