© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/23 / 10. November 2023

Man kann ja nicht mehr lachen? Doch!
Xaver Hartig, Kuba Kruszakin, Vincent Steinkohl, Sven Versteegen, Mathias Pellack

Bernhard-Viktor „Vicco“ Christoph-Carl von Bülow, oder kurz Loriot, ist ein unangefochtener Klassiker des deutschen Humors. Zu seinem 100. Geburtstag stellen wir 20 Kabarettisten, Komiker, Stand-up-Comedians und Spaßmacher vor, bei denen auch nicht jede Pointe zündet, die aber auf die eine oder andere Weise gegen den gesellschaftlich vorherrschenden Strich bürsten. Kabarett ist nicht mehr ausschließlich links.





Monika Gruber

„Die Gruberin“ hört im März 2024 mit dem Kabarett auf und will künftig Radio machen, wird aber weiter auf Youtube aktiv bleiben. Sie hatte sich im Frühjahr mit einer Heizdemo zugunsten von CSU und Freien Wählern in den bayerischen Wahlkampf eingemischt, was ihr viel Kritik von links einbrachte. Sie sagt von sich, sie sei ein Gewohnheitstier: „Frau, Bayerin, Sternzeichen Krebs.“





Lisa Eckhart

Die 31jährige Östereicherin wünscht sich eine kommunistische Monarchie und ist von daher nicht die Allerkonservativste. Wenn sie intelligente Persiflagen liefert, mit Klischees spielt, gesellschaftliche Gewohnheiten demaskiert, mit der Ideenwelt ihres Großvaters kokettiert oder einfach dem Publikum auf der Nase herumtanzt, kann der eine oder andere nicht mehr lachen. Mit zusammengebissenen Zähnen kann der Ertappte aber doch Schmunzeln.





Dieter Nuhr

Linksgrüne glauben wohl, der Moderator des ARD-Programms „Nuhr im Ersten“ sei der einzige konservative Komiker Deutschlands. Die Fokussierung auf ihn ging sogar so weit, daß Jan Böhmermann eine eigene Satire-Sendung über Nuhrs Programm machte. Zuletzt feindeten ihn Klimaaktivisten für seine Witze über Fridays for Future an. Er meinte: „Ich werde – weil meine Tochter zu den Freitags-Demos geht – im Kinderzimmer nicht mehr heizen.“





Serdar Somuncu

Der „Bedarfs-Türke“ Kabarettist, Regisseur und Autor Serdar Somuncu ist nicht rechts, geschweige denn konservativ. Einen Platz auf dieser Seite hat er sich aber dafür verdient, das links-woke Establishment mit vermeintlich rechten Aussagen derart zu provozieren, daß seit Jahren versucht wird, ihn aus dem Kulturbetrieb zu drängen. Er cancelt sich nun selbst – zumindest als Kabarettist.





Harald Schmidt

„Schmidteinander“, „Verstehen sie Spaß“, „Die Harald-Schmidt-Show“, seit 33 Jahren ist Dirty Harry im Geschäft. Unterhielt sein Publikum jahrzehntelang mit seinen Monologen aus Ironie, Sarkasmus und Wortspielen, die sich oft auf die aktuelle deutsche Politik und Geschichte bezogen. Schmidt machte damals schon Witze über Politische Korrektheit. „Darf man sagen ‘Ich habe das Ungeziefer in meinem Garten ausgerottet?’“





Uwe Steimle

„Rechtes Schwein, linke Sau oder veganes Schnitzel?“ titelte die Berliner Zeitung über den Dresdner, den sein Rauswurf beim MDR und seine Cancelung bei Youtube wirtschaftlich geschwächt, aber moralisch gestärkt haben. Er mimt den kleinen Mann von der Straße, der in der DDR viel Schlechtes untergehen sah. Aber heute immer mehr feststellt, auch im Kapitalismus ist nicht alles Gold, was glänzt. 





Ludger K.

Der „konservativste Kabarettist Deutschlands“, so Ludgker Kusenberg über sich selbst, hat es schwer, weil sich die bizarre Realität nicht mehr karikieren läßt. Der 51jährige nimmt es leicht und tourt trotzdem weiter. Er bringt alle zum Lachen, wenn er den Mund aufmacht und aus seinem Leben erzählt. Etwa darüber, wie der Chefredakteur der WAZ ihn mal erfolgreich denunziert hat.





Nikolai Binner

Er kann auf keinem Open Mic in Berlin mehr auftreten. Warum? „Ich kanns auch nicht verstehen. Das einzige, was ich gemacht habe ist, daß ich mal irgendwie nackt über den Alexanderplatz, mit einer Hakenkreuzflagge in der Hand gerannt bin“, blödelt der selbsternannte gefährlichste Comedian. Die hohe Kunst der Stand-up-Comedy begeistert ihn und seine Zuschauer. Spontaner Pipi-Kacka-Humor der das Publikum garantiert anfaßt.





Vince Ebert

Der im unterfränkischen Mittenberg geborene Physiker, Wissenschafts­kabarettist und Buchautor findet sich zu konservativ für Berlin und wendet sich immer wieder skeptisch gegen den herrschenden Zeitgeist oder andere feste Glaubenssätze. „Sie können mit dem Papst nicht darüber diskutieren, ob es Gott gibt“, sagte er mal dem Online-Magazin wissenschaftskommunikation.de. Genauso geht er auch Klimajünger und Gentechnikleugner hart an.





Marco Rima

Der ehemalige „Heute Show“-Komiker schießt nicht erst seit dem harten Corona-Regime gegen die Pharmaindustrie und für die Meinungsfreiheit. Der Schweizer weiß: „Das Schönste an der Vergangenheit ist erkennen zu können, was man nicht mit in die Zukunft nehmen möchte.“ Der 62jährige tourt regelmäßig mit intelligentem Wortwitz aber auch zappeligem Blödelhumor durch die Schweiz, Österreich und Deutschland. 





Lisa Fitz

Mit dem Spruch „Ich brauche dringend neue Verschwörungstheorien, denn meine alten sind alle Wirklichkeit geworden“ ist ihr Kabarett gut umrissen. Sie tritt sowohl auf Youtube als auch auf den Bühnenbrettern gegen „die da oben“ an, anstatt opportunistisch auf Witze gegen SUV-Fahrer zu setzen. Die 72jährige, die unter anderem auch als Sängerin unterwegs ist, war 1983 die erste Frau, die mit einem Kabarett-Soloprogramm tourte.





„GutmenschenKeule“

Eine wahre Legende der deutschen Internetkultur: Seit 2013 teilt der mehrfach gesperrte Nutzer – erst Facebook, Twitter, dann Instagramm – mit satirischen Bildern gegen sämtliche absurde linke Politik aus. „Der Ungeist der 1968er hat die geordneten Verhältnisse aus den Fugen gebracht“, erklärt der 36jährige in einem Interview mit Krautreporter seine Motivation. Heute nur noch bei Telegram zu finden.





„KasperKast“

Der gebürtige Berliner kommentiert seit Jahren in Videoform das politische Geschehen. Dabei nennt er politische Gegner auch mal „Lobotomierte“ oder „Hohlbirnen“. Wenn er ohne einen einzigen Ton zu treffen „Allahu Akbar“ ins Mikrofon singt oder einen seiner legendären Wutanfälle bekommt, bleibt kein Auge trocken. Kaum jemand kommentiert bitterernste Themen so unterhaltsam wie Kasper.






Eingollan

Ob Petition zur Wiedereinführung der Maskenpflicht oder Insektenessen mit Klimaaktivisten. Die 21jährige Michelle Gollan nimmt die Welt mit Humor. Nur mit einem Mikrofon bewaffnet ordnet die junge Frau mit kroatischen und ostpreußischen Wurzeln auf ihrem Youtube-Kanal eine Welt, die aus den Fugen geraten zu scheint. Ihr Rat bei feministischen Männern: „Renn!“





Michael Hatzius

Puppenspieler gab’s schon im antiken Rom. Mit diesem Hilfsmittel lassen sich auch scharf zensierte Themen wie Corona oder der Ukrainekrieg auf dem öffentlichen Forum – dem heutigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk – anprangern und die Widersprüchlichkeiten mit geschickten Frage-Antwort-Spielen der prizipiell unschuldigen Tiere ins Absurde führen. 





Tim Kellner

Wenn der „Love Priest“ Tim Kellner auf Sendung geht, dann schauen Hunderttausende zu, wie er die woke Blase aus Politikern und Journalisten komödiantisch auseinandernimmt. Bei dem selbsternannten Streiter für „Peace, Love and Harmony“ geht es tatsächlich selten harmonisch zu. Fast täglich produziert der 49jährige ein zeitgeistkritisches Youtube-Video. Das hat ihn für die Widerständigen zum Star und für die Etablierten zur Haßfigur gemacht.





„Argo Nerd“

Er ist ein Internetphänomen. Mit einfachen Collagen stellt der hinter dem Künstlernamen Argo Nerd firmierende Mann die Widersprüche von Politikern und Medien bloß und zaubert dabei Tausenden Twitter-Nutzern ein Schmunzeln ins Gesicht. „Er macht Boulevard mit dem Boulevard“, schrieb ein Fan treffend im Netz. Außerdem betreut er eine Sendung bei Konfrafunk.





„Shlomo Finkelstein“

Seit acht Jahren veröffentlicht der 27jährige Krefelder Videos, die kompromißlos gegen Politische Korrektheit wettern. Das liegt unter anderem an seinem Gesangstalent. Der Grönemeyer-Klassiker „Mensch“ wird bei „Shlomo“ – in Anlehnung an das Transgender-Thema – zu „Ens“, auch auf Twitter ist er aktiv. Doch Vorsicht: Wer vulgäre Sprache und polemische Überspitzungen nicht mag, dürfte Schnappatmung bekommen.





Helmut Schleich

Der Oberbayer unterhält seit über 20 Jahren sein Publikum mit Kabarett zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen. Besonders bekannt für seine überspitzten Parodien von Persönlichkeiten wie Silvio Berlusconi, Papst Benedikt XVI. oder auch Kim Jong-un, die er in seiner Sendung „SchleichFernsehen“ spielt. „Ich möchte haben eine McDonald’s für Pjöngjang, sonst Rakete.“





Willy Kramer

Wer mit dem Internetphänomen Snicklink bisher nichts anfangen konnte, dem wird die Langform „Snickers für Linkshänder“ auch nicht weiterhelfen. Die genial gemachten KI-Parodievideos von Willy Kramer gehen bei Youtube und X steil und lassen sogar erfahrene Sky-News-Journalisten zweifeln, ob Greta Thunberg da tatsächlich „vegane Handgranaten“ fordert oder Robert Habeck wirklich so realitätsfremd dahinstammelt?