Seit 2014 forderte das vormals regierende Königshaus Preußen vom deutschen Staat Entschädigung für seine 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone enteigneten Immobilien sowie die Rückgabe der dabei kassierten Kulturgüter. Wenn sich der deswegen ausgefochtene Verwaltungsrechtsstreit kürzlich durch die überraschende Klagerücknahme des Prinzen von Preußen auch erledigt haben mag, so bleibt doch die daran geknüpfte „Hohenzollerndebatte“ insofern virulent, wie sie als Lehrstück für den hierzulande typischen Verlauf der geschichtspolitischen „Nazifizierung“ preußisch-deutscher Vergangenheit taugt.
Denn wie immer spielten auch beim Scherbengericht über das Haus Hohenzollern wieder die beiden Garanten erfolgreicher Skandalisierung die Hauptrolle: der im ideologischen Überbau allzeit abrufbare endemische Haß auf das Eigene und eine Allianz notorisch linksgrüner Wissenschaftler und Journalisten, die unfähig sind, komplexe historische Wirklichkeiten zu erfassen und zu vermitteln.
Darum, so der emeritierte Bremer Historiker Lothar Machtan in einer Analyse der „Hohenzollerndebatte“ (Journal für Juristische Zeitgeschichte, 2/2023), sei die von „massiven Ressentiments“ gegen das einstige Herrscherhaus begleitete Strategie aufgegangen, den Kaisersohn Wilhelm von Preußen vor dem „Empörungsgericht der öffentlichen Meinung“ als wichtigen NS-Wegbereiter zu denunzieren.
Diese Desinformationskampagne sei wesentlich von der jeder wissenschaftlichen Substanz entbehrenden Arbeit des „Adelshistorikers“ Stephan Malinowski („Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration“, 2021) befeuert worden. Demnach habe Kronprinz Wilhelm der Machtergreifung Adolf Hitlers dadurch „erheblich Vorschub geleistet“, daß er der NSDAP sein symbolisches Kapital zufließen ließ, um für die Partei in monarchistischen Kreisen zu werben. Abgesehen davon, so Machtan, daß ein solcher Effekt neunzig Jahre später empirisch nicht mehr meßbar sei, scheinen Malinowski und seine medialen Lautverstärker auch übersehen zu haben, daß es sich bei diesem Kapital seit 1918 um eine „wertlose Aktie“ handelte. Denn nichts habe den Mythos der Hohenzollern-Dynastie wirkungsvoller zerstört als „ein Monarch und Oberster Kriegsherr, der sein Volk im Angesicht seiner Niederlage (nebst Thronfolger Kronprinz Wilhelm) im Stich ließ“. Der politische Körper der Monarchie sei seit dem November 1918 tot, sein ikonisches Potential zerstört gewesen.
Selbst im preußisch-konservativen Milieu wünschten sich während der Weimarer Zeit nur die Allerwenigsten die Kaiserliche Hoheit Wilhelm Kronprinz auf den Thron zurück. Zum zweckrationalen politischen Handeln nicht in der Lage, habe Wilhelm mit seinen „Jetset-Allüren“, der auch wegen seiner vielen Liebschaften in den zwanziger Jahren als „Windhund“ galt, daher nicht einmal über das Format eines glaubwürdigen „Monarchie-Darstellers“ verfügt, so daß von ihm während der Agonie der Weimarer Republik keinerlei politische Orientierungskraft mehr ausging.