© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/23 / 15. Dezember 2023

Erkenntnis der Woche
Tatütata – nix mehr da?
Christian Vollradt

Ob eine Sache gut oder schlecht ist, hängt häufig nur davon ab, wofür sie eingesetzt wird. Benutzt man den Kochlöffel, um Pudding zu rühren, ist er gut; eingesetzt gegen das Gesäß eines anderen, schmerzhaft, also tendenziell schlecht. Solch profane Gewißheiten gelten auch bei etwas wie Hydraulikspreizer und Trennschleifer. Beides braucht die Feuerwehr, um beispielsweise Personen aus einem verunfallten Fahrzeug oder einer anderen mißlich-verklemmten Lage zu befreien. Ohne jeden Zweifel sind die Geräte dafür gut. Genauso einstetzbar sind Spreizer und Schleifer indes auch, um einen Geldtransporter zu knacken oder in Dresdens berühmtem Grünen Gewölbe die Fenstergitter zu beseitigen, um unberechtigterweise an wertvolle Juwelen zu gelangen. Der Zusammenhang dieser Zweckbestimmungen? Es handelt sich – zumindest in der deutschen Hauptstadt – um buchstäblich dieselben (und nicht nur die gleichen) Spezialwerkzeuge. So offenbarten bei einer Sitzung des Innenausschusses im Berliner Abgeordnetnenhaus der zuständige Staatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) und Feuerwehrchef Karsten Homrighausen, daß sich die kriminellen Clans der Spreemetropole bei Bedarf vor ihren Beutezügen bei den Brandbekämpfern bedienten. Bei Einbrüchen in den Wachen werde teures Spezialgerät entwendet und kriminell zweckentfremdet. Zum finanziellen Schaden in Millionenhöhe komme die Gefahr, daß Rettungsmittel im entscheidenden Moment fehlen. „Wer die Feuerwehr schwächt, schadet den Menschen in Not“, so der Landesbranddirektor. Die zu schwach gesicherten Stationen seien zum „Warenlager für Raubüberfälle“ geworden, beklagte die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft. Rücke ein Löschzug aus, huschten die Diebe hinein und bedienten sich. Sogar aus kurz anhaltenden Fahrzeugen hätten die Kriminellen schon Geräte gestohlen.